Jungunternehmer bekommt 100 000 Euro Fördergelder aus "LEADER"-Programm

Wölfersheim
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Den eigenen Handwerksbetrieb mithilfe von Fördergeldern zukunftsfähig machen – wie das gelingen kann, hat Timo Knaupp von der Wirtschaftsförderung Wetterau erfahren. "Man muss Zeit mitbringen", rät der 30-jährige Zimmerer- und Dachdeckermeister aus Wölfersheim anderen Unternehmern.

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Zahlreiche Antragsformulare seien auszufüllen. "Aber es lohnt sich." Am Ende hat er für den Bau seiner neuen Halle 100 000 Euro aus dem Budget der LEADER-Region Wetterau/Oberhessen bekommen. Auch einen weiteren Auszubildenden konnte er dadurch einstellen.

Die Firma Knaupp ist ein Familienunternehmen, das in dritter Generation geführt wird. 1955 von Timo Knaupps Großvater Georg gegründet, verlagerte sein Vater Hans-Gerd den Betrieb nach Wölfersheim, er selbst übernahm am 1. Januar 2018 die Geschäftsführung. Alle drei Knaupps sind Dachdeckermeister, 2013 hat Timo Knaupp zusätzlich den Meister im Zimmererhandwerk gemacht, der Betrieb wurde umfirmiert.

Bald aber zeigte sich: Für eine Zimmerei und eine Dachdeckerei reichte das Firmengelände im Gewerbepark Wölfersheim nicht mehr aus. "Wir waren bis dahin ein reines Dachdeckerunternehmen", erzählt Timo Knaupp. "Unsere alte Halle war darauf ausgelegt und reichte dafür auch vollkommen aus." Umständlich wurde es nun, wenn Knaupp »abbinden« wollte. "Wir Zimmerer schneiden die Holzbalken für den Dachstuhl vor. Mit diesem sogenannten Abbund fahren wir dann auf die Baustelle und stellen ihn auf", erklärt Knaupp. "Dafür war in der alten Halle kein Platz." Praktisch sah das so aus: Die Autos mussten aus der Halle gefahren und die zu bearbeitenden Balken hineingetragen werden. Wenn der Abbund erledigt war, mussten die Balken wieder raus und die Autos rein.

Das geht nun einfacher und schneller: "Die neue Halle ist wesentlich größer und bis auf wenige Regale leer. Wir fahren die Holzpakete jetzt mit einem Stapler rein und können die Zimmererarbeiten unabhängig von den Dachdeckerarbeiten durchführen – und auch unabhängig von den Wetterverhältnissen." Zu der geförderten Investition gehört auch ein Montagetisch, auf dem große Bauteile vorbereitet werden können. Er wird vor allem für Häuser in Holzrahmenweise genutzt, wie Knaupp erläutert: "Darauf können wir die Wände präzise und winkelgerecht vorfertigen." Vor wenigen Tagen wurde die neue Halle samt Tisch offiziell eingeweiht. Vertreter der Institutionen, die Knaupp bei seinem Vorhaben unterstützt hatten, freuten sich mit dem Jungunternehmer über das gelungene Ergebnis.

Alle helfen mit
Die Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsförderung Wetterau hatte mit einem Zeitungsartikel begonnen. Darin hatte Timo Knaupp vom Niddaer Steinmetzmeister Martin Röhling gelesen, der seinen Betrieb durch die Anschaffung einer CNC-Brückensäge modernisiert und dafür 45 000 Euro aus dem LEADER-Topf erhalten hatte. Knaupp selbst hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Kontakt zur Gemeinde Wölfersheim aufgenommen, um sein Unternehmen zu erweitern. Dafür musste das Gewerbegebiet vergrößert werden, wovon übrigens auch zwei weitere Unternehmen profitierten.

Ein erster Termin mit Bernd-Uwe Domes, einer der beiden Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Wetterau, fand im Januar 2019 statt. Danach war Schreibtischarbeit angesagt: "Herr Domes schickte mir eine E-Mail mit zwölf Formularen, die abzuarbeiten waren. Und als ich fertig war, hatte es Änderungen in den Förderrichtlinien gegeben, und ich musste die nächsten Formulare ausfüllen. Es war genauso, wie man sich das vorstellt, wenn man Fördermittel bei der EU beantragt", erzählt Knaupp und lacht.

Aber alleine musste er sich nicht durch den Papierstapel arbeiten. "Die Handwerkskammer Wiesbaden hat den Businessplan und die Rentabilitätsberechnung erstellt." Eingebunden waren auch die Innung des Wetteraukreises und die Kreishandwerkerschaft. Ebenso die Volksbank Mittelhessen, um die Finanzierung sicherzustellen – und dies für den Förderantrag auch schriftlich zu bestätigen.

Zudem waren Bescheinigungen der Gemeinde und der Innung vorzulegen. "Weil sichergestellt sein musste, dass keine Firma im Nachbarort pleitegeht, weil ich durch die Förderung besser aufgestellt sein würde", erklärt Knaupp. Da es keine andere Zimmerei vor Ort gibt, stellte dies kein Hindernis dar. "Dann kam noch die Fachstelle Strukturförderung des Wetteraukreises hinzu, die sich um die Bewilligungsunterlagen gekümmert hat." Dort, durch Christina Braum, habe er viel Unterstützung erfahren, ebenso durch Angelina Fernando von der Wirtschaftsförderung. "Sie hatten immer ein offenes Ohr", betont Knaupp. "Es war eher die Menge an Antragsunterlagen, die ich unterschätzt hatte."

Um nicht nur sich, sondern auch den anderen Beteiligten die Arbeit zu erleichtern, hatte Knaupp alle Formulare durchnummeriert und wichtige Stellen in den Unterlagen markiert. "Man muss schon ordentlich und sauber mitarbeiten", hält Knaupp dies für eine Selbstverständlichkeit.

Das letzte Wort hatte der LEADER-Beirat mit Vertretern aus Wirtschaft, Verbänden, Vereinen und Politik: "Dort stellt man sein Projekt vor, dann stimmt der Beirat darüber ab", erläutert Knaupp. Die Wirtschaftsförderung Wetterau (wfg), mit dem dafür eingerichteten Regionalmanagement, lenkt und steuert den gesamten Förderprozess gemäß den Richtlinien der EU und des Landes Hessen. "Dahinter steckt für die wfg ein erheblicher Aufwand, weil jeder Förderfall anders gelagert ist, doch für den Antragsteller erschließt sich bei vorliegenden Voraussetzungen eine lukrative Option", sagen die beiden wfg-Geschäftsführer Domes und Karger.

Was zu beachten ist
"Man muss Zeit und Geduld mitbringen, aber es lohnt sich. Für 100 000 Euro kann man schon viel Arbeit reinstecken." Insgesamt hat Timo Knaupps Betriebserweiterung etwa 360 000 Euro gekostet. Wie hoch die Fördersumme ist, hängt auch davon ab, wie viele Arbeitsplätze durch die Modernisierung geschaffen werden. Ohne Arbeits- oder Ausbildungsstelle liegt das Maximum bei 50 000 Euro, mit einem von beiden bei 100 000 Euro. Timo Knaupp hat eine Stelle für einen Zimmererlehrling geschaffen. "Ich hatte Sorge, dass ich niemanden für eine neue Arbeitsstelle finde. Deshalb bin ich lieber auf Nummer sicher gegangen."

Der 30-Jährige weist auch auf eine weitere wichtige Bedingung hin: "»Man darf erst beginnen, wenn der Bewilligungsbescheid vorliegt. Das ist der einzige Knackpunkt in den Förderrichtlinien: Wenn ein Unternehmen erweitern will, will es jetzt erweitern und nicht warten." Für ihn habe dies jedoch kein Hindernis dargestellt, weil ohnehin erst Baurecht für die Erweiterung des Gewerbeparks habe geschaffen werden müssen.

Im Dezember 2019 – knapp ein Jahr nach dem ersten Kontakt zur Wirtschaftsförderung – überreichte Kreisbeigeordneter Matthias Walther ihm den Förderbescheid. Walther sagte, er freue sich, dass mit diesem Zuschuss ein Jungunternehmer unterstützt werde, der die Wirtschaftlichkeit seiner Betriebsabläufe zukunftsfähig entwickeln könne. Er betonte, dass dadurch auch ein zusätzlicher Arbeitsplatz in der Region geschaffen worden sei. Ein Gewinn also für beide Seiten – und ein Anreiz für weitere Handwerksbetriebe, es Timo Knaupp gleichzutun.

Foto: Bei der Einweihung der Abbundhalle (von links): Tobias Heidrich (Volksbank Mittelhessen), Klaus Karger (Wirtschaftsförderung Wetterau), Kreisbeigeordneter Matthias Walther, Christina Braum (Wetteraukreis, Fachstelle Strukturförderung), Timo Georg Knaupp, Antonette Simons (HWK Wiesbaden), Matthias Fritzel (Kreishandwerkerschaft), Bernd-Uwe Domes (Wirtschaftsförderung Wetterau) und Boris Kniß (Volksbank Mittelhessen). Foto: wfg



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