Bergwerksees in Reichelsheim: Nutzungsvisionen kritisch im Blick

Reichelsheim
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Die Freien Wähler in Reichelsheim (FW) begrüßen es grundsätzlich, wenn zeitnahe nachhaltige Entwicklungsmaßnahmen und Nutzungmöglichkeiten des Bergwerksees geprüft und auf Weg gebracht werden. Dazu haben die Stadtverordneten beschlossen, dass der Magistrat und die Verwaltung die im (visionären) Konzept der Bürgermeisterin enthaltenen und mit Antrag der SPD vorgelegten Nutzungsvorschläge im Einzelnen hinsichtlich deren Realisierbarkeit prüfen möge.

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Zu ergänzen ist, dass die Vorschläge bereits in den einschlägigen Parlamentsausschüssen beraten wurden und die kritischen und strittigen Nutzungsvorschläge lediglich mit den Stimmen der absoluten Mehrheit der SPD in den Beschussvorschlag eingeflossen sind. Insoweit sei festzustellen: Entschieden ist hier noch lange nichts.

33 Jahre nach Ende des Bergbaus haben sich die bisherigen Rekultivierungsmaßnahmen auf einem naturschutzfachlich, okölogisch und landschaftspflegerisch guten Niveau eingependelt. Nach Meinung der FW ist eine sanfte touristische Nutzung unter Wahrung einer priorisierten ökologischen Entwicklung und nachhaltigen Nutzung des gesamten Areals vertretbar. Leitlinie und oberste Zielsetzung muss es sein, dass jedwede Nutzung auf rechtlichtlich gesicherten Grundlagen beruht, die Sicherheit für Leib und Leben der Nutzer gewährleistet ist, die Naturschutzbelange zur Verbesserung der biologischen Vielfalt priorisiert werden, die bei der Nutzung entstehenden Verkehrssicherungs- und Haftungspflichten der Stadt Reichelsheim minimiert und die Nutzungen unter intensiver, abgestimmter Bürgerbeteiligung zu deren Wohl erfolgen muss.

Grundlage jeglicher Bewertung müssen dabei aktuelle, fachlich fundierte und Rechtsicherheit vermittelnde Gutachten sein. Eine auswertbare aktuelle Stellungnahmen des Hessischen Städt- und Gemeindebundes (HSGB) erläutert im Wesentlichen die Verkehrssicherungspflichten und die damit vielfach verbundenen erheblichen Haftungsrisiken für die Stadt. Desweiteren liegt ein geologisches Gutachten aus dem Jahr 2015 vor, das die erheblichen Risiken der Böschungsrutschungen unterhalb der Wasserlinie im gesamten See thematisiert. Weitere aktuelle und somit verwertbaren Gutachten liegen nicht vor. Das verfügbare, in den Jahren 2010/2011 erstellte "Integrierte Nutzungskonzept" der Planungsgruppe Natur und Landschaft, genügt den aus naturschutzfachlicher und -rechtlicher Sicht zwingend erforderlichen Anforderungen in keinster Weise. Die FW habe bereits im letzten Jahr auf dieses Defizit mit Blick auf die weiteren Beratungen zum Bergwerksee hingewiesen. Die Artenvielfalt und die Anzahl bedeutsamer Habitate (Flora und Fauna) haben in den letzten 12 Jahren eine beachtenswerte Entwicklung genommen. Ziel muss es sein, mit einer engmaschigen Biotop- und Lebensraumkartierung, die ökologische Wertigkeit des gesamten Areals zu identifizieren und die nach Bundesnaturschutzgesetz "Gesetzlich geschützten Biotop" zu lokalisieren um sie vor jeglicher zerstörenden Nutzung schützen zu können. Dazu gehören vorwiegend die Hanglagen im Westen und Norden mit ihren Magerrasen-, Ruderal- und Rohbodenflächen. Die Pflicht zur Erhaltung der Biodiversität muss auch in Reichelsheim über Sonntagsreden hinausgehen.

Die FW unterstützen die Sanierung des bestehenden Teilabschnittes und den ergänzenden Neubau Rundweges innerhalb des Gehölzrings. Die Oberflächenbeschaffenheit des Weges muss für eine Begehung/Befahrung durch Rollstuhl- und Rollatornutzer geeignet sein. Ebenso sind wir auf Weckesheimer und Dorn-Assenheimer Seite jeweils für den Bau von behindertengerecht zugänglichen Aussichtsplattformen zur Vogelbeobachtungen und mit Blickvergnügen zum See. Ferner befürworten wir das Aufstellen weiterer Ruhebänke und Waldsofas. Die Erweiterung der Streuobstbestände und deren fachgerechte Pflege sowie die Möglichkeiten des Obsterwerbs ab Baum für Interessierte liegt uns am Herzen. Die Schafbeweidung als Mittel der Landschaftspflege ist beizubehalten, allerdings fordern wir die derzeit praktizierte abschnittsweise Koppelhaltung, mit Nachtpferch, durch eine Wanderhutung zu ersetzen. Nur so kann die durch übermäßigen Kotanfall eintretende Eutrophierung der Magerrasen- und Rohbodenbiotope reduziert werden. Die Erhaltung der "Gesetzlich geschützten Biotope" ist sicherzustellen und die bei Starkregen auftretende Abschwämmungen des Kots in den See sind dauerhaft zu vermeiden. Ferner würden durch die Wanderhutung die Trittschäden in sensiblen Bereichen gemindert.

Ausgesprochen kritisch bis ablehnende sehen die FW die präferierte Nutzungen für Taucher, Angler, die Anlage einer Hundewiese und ebenfalls angedachte Kulturveranstaltungen am See (Lesungen, Konzerte,etc.). Die Störung des ökologischen Gleichgewichts im See und in den gesetzlich geschützten Uferzonen (Habitate für Amphibien) sind zu erwarten. Lärm und Licht, insbesondere bei Abendveranstaltungen, sind für Insekten und die Avifauna erhebliche Störfaktoren. Desweiteren fordern die FW die Ackernutzung innerhalb des Gehölzrings zu beenden und durch eine Blühwiesennutzung als Beitrag zur Biodiversität zu ersetzen. Jegliche Düngung und jedweder Pestizideinsatz ist zu verbieten.

Die FW sprechen sich entschieden gegen eine Nutzung des Sees durch Surfen und ähnlichen Sportarten sowie die Einrichtung einer Badenutzung aus, auch in einer ausgewiesenen Badezone. Durch einen Badebetrieb sind schwerwiegende negative Folgen für Flora und Fauna im Wasser und an Land vorprogrammiert. Eutrophierung des Wassers durch menschliche Hinterlassenschaften (u.a. Urin, Öle und Fette der Sonneschutzcremes) sind Auslöser für Sauerstoffmangel des Wassers und Algenbildung. Nach Meinung der FW sind die Investitionen für die notwendige Infrastruktur (Wasser, Abwasser, Strom, Umkleidemöglichkeiten, Toiletten, Badeaufsicht, u.a.) für eine maximale Badeperiode von drei Monaten nicht zu verantworten. Dazu kommt bei einem Badebetrieb sowie dem Tauchen und Angeln die Gefahr für Leib und Leben der Nuzer durch mögliche Böschungsrutschungen.

Mit großem Interesse erwarten die FW die Stellungnahmen der Naturschutzbehörden ebenso wie die Positionierungen der Naturschutzverbände (NABU,BUND) zu den einzelnen Nutzungsvisionen der Bürgermeisterin und der sie tragenden Mehrheitsfraktion (SPD): "Die FW stehen für eine der breiten Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger zugewandten naturverträgliche nachhaltige Nutzung des Bergwerksees. Kostspielige Nutzungen zu Gunsten kleiner Interessensgruppen lehnen wir ab."



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