Fahrräder verstärkt für den Alltagsverkehr nutzen

Karben
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Um die Verkehrswende zu schaffen ist es wichtig, den Radverkehr im Rahmen einer Gesamtstrategie zu betrachten. Kreisbeigeordneter und Verkehrsdezernent Matthias Walther hat zum Auftakt der zweiten Wetterauer Fahrradkonferenz in Karben dafür geworben, das Fahrrad stärker für den Alltagsverkehr zu nutzen.

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„Die Corona-Pandemie hat auch unser Mobilitätsverhalten verändert. Nach dem Lockdown hat der Individualverkehr wieder stark zugenommen, aber auch auf das Fahrrad als Verkehrsmittel wird verstärkt zurückgegriffen. Dabei hat das Fahrrad noch großes Potenzial“, sagte der Wetterauer Verkehrsdezernent im gut gefüllten Saal des Bürgerhauses.

Wichtig sei eine bessere Vernetzung von ÖPNV und Radwegen. „Um aber das Fahrrad zum alternativen Verkehrsmittel zu entwickeln, muss ein Bewusstseinswandel stattfinden und der Radverkehr gemeinsam mit den Kommunen gestärkt werden“, sagte Walther. Dazu konnte Karbens Bürgermeister Guido Rahn einiges beitragen. In den vergangenen fünf Jahren wurden in Karben allein zwei Millionen Euro für den Ausbau von Radwegen investiert. Weitere Projekte zur Stärkung des Radverkehrs innerorts und zwischen den Stadtteilen stehen an. Zudem beteiligt sich die Stadt Karben an der Machbarkeitsstudie zur Realisierung der direktgeführten Radwegeverbindung „Kurze Wetterau“ zwischen Butzbach und Frankfurt.

Peter Hünner ist der Mann in der Kreisverwaltung, der wohl alle Radwege im Wetteraukreis kennt. Er berichtete vor den fast 100 Gästen über die Entwicklung des Radverkehrs im Wetteraukreis. Wurden bei den ersten Radwegekonzepten vor allem touristische Aspekte berücksichtigt, so wird im aktuellen Radverkehrsplan das Kreisradroutennetz neu konzipiert. Im Rahmen der Netzneuplanung wird auch die Beschilderung erneuert. In Bad Vilbel wurde dies schon im Vorfeld des geplanten Hessentages realisiert.

Peter Hünner stellte die „Kurze Wetterau“ vor, eine direktgeführte Radwegeverbindung von Butzbach nach Bad Vilbel oder umgekehrt. Dies, so Hünner, sei allerdings kein Radschnellweg, der dessen Kriterien von Breite und Kreuzungsfreiheit erfülle. Dafür könne die Kurze Wetterau schneller realisiert werden.

Erste Verbesserungen sind für den Radverkehr im Wetteraukreis schon realisiert bzw. in Planung. Beispielsweise der Lückenschluss zwischen dem Karbener Weg in Dortelweil und Klein-Karben, der bislang grob geschottert war und künftig asphaltiert wird. Aktuell gibt es sechs Radwegeplanungen an Kreisstraßen, die bis zum Jahr 2025 realisiert werden sollen.

Es sind dies die Radwege:

Ober-Wöllstadt – Nieder-Rosbach, entlang der K11,

zwischen den Bad Nauheimer Stadtteilen Schwalheim und Rödgen, entlang der K174,

zwischen Bad Vilbel/Gronau und Karben/Rendel, entlang der K247,

„Kurze Wetterau“, und hier der Lückenschluss zwischen Nieder-Mörlen und den Römerhöfen in der Gemarkung Ober-Mörlen,

zwischen Wölfersheim/Södel und Rockenberg/Oppershofen, entlang der K172,

zwischen den Altenstädter Stadtteilen Lindheim und Heegheim, entlang der K237,

zwischen Nidda/Ulfa und der Kreisgrenze in  Richtung Hungen/Langd, entlang der K223.

Schwierigste Aufgabe dabei ist es, alle Grundstücksflächen zu bekommen, denn davon abhängig ist der Weg zum Baurecht. Was die touristische Nutzung der Radwege im Wetteraukreis angeht, habe sich in den letzten Jahren einiges getan. Hünner hob das Gemeinschaftsprojekt vom Regionalpark RheinMain, Wetteraukreis und Main-Kinzig-Kreis hervor, das das Teilstück des Deutschen Limes-Radweges zwischen Echzell und Großkrotzenburg im Main-Kinzig-Kreis als Regionalparkroute gestaltete.

Zehn Radwege an Bundes- und Landesstraßen

Egon Weß von Hessen Mobil stellte die Radwegeplanungen des Bundes und des Landes im Wetteraukreis vor. Insgesamt sind das zehn Projekte, vier entlang von Bundesstraßen und sechs entlang von Landesstraßen. Rund zwei Millionen Euro werden für das rund 2,3 Kilometer lange Teilstück zwischen Karben/Okarben und Wöllstadt/Nieder-Wöllstadt veranschlagt. Die Entwurfsplanung liegt vor, das Baurecht werde voraussichtlich im Jahr 2021 geschaffen sein, die bauliche Umsetzung ist für das Jahr 2022 geplant.

Etwas länger wird es bei dem Radweg zwischen Ranstadt und Ortenberg/Selters dauern. Der rund 4,2 Kilometer lange Radweg soll knapp acht Millionen Euro kosten. Die Entwurfsplanung ist fertig. Das Planfeststellungsverfahren soll im kommenden Jahr eingeleitet werden. Das Besondere ist hier die Unterführung der Bundesstraße 275, zwischen Effolderbach und Konradsdorf, um den Schülerverkehr zur Gesamtschule sicherer zu machen.

Entlang der B455, zwischen Ober-Rosbach und Friedberg, soll auf einer Länge von 4,1 Kilometern ein Radweg entstehen. Hier gibt es verschiedene Varianten, die unter Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Anforderungen bis Mitte des kommenden Jahres geprüft werden sollen. Danach erfolgt die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens. Die Dauer eines Planfeststellungsverfahrens taxierte Weß auf durchschnittlich zwei Jahre, dann ist Baurecht geschaffen.

Ebenfalls an der B455 soll auf 1,2 Kilometern Länge der Radweg zwischen Friedberg und Dorheim entstehen. Die Entwurfsplanung soll im ersten Quartal 2021 abgeschlossen sein, danach erfolgt das Planfeststellungsverfahren. Ebenfalls im Jahr 2021 beginnt das Planfeststellungsverfahren für den Bau des Radweges zwischen Bad Vilbel/Gronau und Niederdorfelden im Main-Kinzig-Kreis. Die Genehmigungsplanung soll Anfang des kommenden Jahres abgeschlossen sein, dann wird das Planfeststellungsverfahren eingeleitet.

Zwischen Altenstadt und Altenstadt/Oberau soll auf einer Länge von einem Kilometer der Radweg saniert und die Brücke über die Nidda erneuert werden. Die Bauarbeiten sind für das Jahr 2021 geplant. Zwischen Bad Homburg/Ober-Erlenbach und Karben/Kloppenheim soll auf einer Länge von 3,2 Kilometer ein Radweg parallel zur Landesstraße 3205 gebaut werden. In einem ersten Bauabschnitt wurden die ersten 700 Meter bereits realisiert. Weil hier noch Grunderwerb getätigt werden muss, konnte Egon Weß von Hessen Mobil noch keine zeitliche Perspektive für die Realisierung des Radweges nennen.

Mit der Neuplanung des Radweges zwischen der Friedberger Kernstadt und dem Stadtteil Bruchenbrücken wird im vierten Quartal 2020 begonnen. In Abhängigkeit zur Planung der DB-Brücke nach Fauerbach sind mögliche und vorgeschlagene Trassenvarianten neu zu bewerten. Auch gibt es noch keine konkreten zeitlichen Perspektiven. Weiter ist man mit dem Radweg zwischen den Friedberger Stadtteilen Fauerbach und Dorheim. Für den rund 1,9 Kilometer langen Radweg soll das Planfeststellungsverfahren im kommenden Jahr eröffnet werden.

Schließlich soll im Rahmen der Sanierungsoffensive des Landes Hessen ein Radweg parallel zur Landesstraße 3352, zwischen Karben/Petterweil und Rosbach/Rodheim, entstehen. Der Beginn der Bauarbeiten für den zweiten Bauabschnitt ist noch für dieses Jahr geplant.

Die Arbeit der Steuerungsgruppe Radverkehr bei Hessen Mobil stellten Felix Weidner und Jonas Eberlein vor. Die neugebildete Steuerungsgruppe soll Strategien zur Umsetzung verkehrspolitischer Zielsetzungen zum Radverkehr bei Hessen Mobil entwickeln und koordinieren. Dazu gehört die Verzahnung der Netzplanung von Land und Bund mit kommunalen Radwegen, Fernradwegen und Radschnellwegen. Zudem gehört zu den Aufgaben der Steuerungsgruppe die Beratung und Unterstützung von unterschiedlichen kommunalen Akteuren bei der Vorbereitung von Radschnellverbindungen sowie die Zustandserfassung und Bewertung für alle Radwege an Bundes- und Landesstraßen sowie der Hessischen Radfernwege und des Radhauptnetzes Hessen.

Für viele kommunale Vertreter war die Vorstellung der Förderprogramme für Kommunen im Bereich der Nahmobilität besonders interessant. Stefan Burger vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen ist im Referat Nahmobilität für diese Förderprogramme verantwortlich. Burger stellte fest, dass nicht nur investive Maßnahmen, sondern auch Planungen und Konzepte sowie Öffentlichkeitsarbeit für die Nahmobilität gefördert werden können. Die Antragsstellung erfolgt ganzjährig, die Bagatellgrenzen und damit die Hürden zur Antragsstellung seien niedrig. Aktuell sei die Förderung der Beleuchtung von wichtigen Schulrouten und die Schaffung von sicheren Radverkehrsanlagen durch Markierungsarbeiten neu in das Förderprogramm aufgenommen worden.

Insgesamt beträgt das Bewilligungsvolumen für das Projekt Nahmobilität des Landes Hessen 15,5 Millionen Euro im Jahr. Die Förderrichtlinien und der Durchführungserlass sind im Internet unter: www.nahmobil-hessen.de abrufbar.

Zum Abschluss wurden im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit allen Referenten nicht nur Detailfragen aus dem Plenum beantwortet, sondern auch Ausblicke in die Zukunft gewagt. Auf die Frage, was bis zur 10. Wetterauer Radkonferenz im Jahr 2028 erreicht sein sollte, gab es große Einigkeit: Die Verkehrsteilnehmer sollen die Wahl ihrer Verkehrsmittel stärker reflektieren und deren Einsatz so flexibel wie möglich handhaben können. Dass das Fahrrad dabei eine immer stärkere Rolle einnimmt sei unbestritten. Weitere technische und digitale Innovationen werden diese Entwicklung verstärken.

Foto: Die Referenten der 2. Wetterauer Fahrradkonferenz. v.l.: Peter Hünner, Jonas Eberlein, Felix Weidner, Christian Sperling, Stefan Burger, Egon Weß und Matthias Walther



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