Karbener Gewerbegebiet „Am Warthweg“ präsentiert sich als Füllhorn der Geschichte

Ein Überblick der Fläche

Karben
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Seit 2022 laufen nun die umfangreichen archäologischen Untersuchungen in den Erweiterungsflächen des Gewerbegebietes „Am Warthweg“ in Karben.

Schon durch Grabungen aus den 1980er-Jahren und weiteren Grabungen im Zuge des Ausbaues der Nordumgehung Karben in den Jahren 2014 und 2016 war klar, in welcher reichen „Archäologielandschaft“ man sich bewegt. Diese Vermutung wurde durch die im Vorfeld der Grabungsarbeiten durchgeführten geophysikalischen Untersuchungen eindrucksvoll bestätigt. Mithilfe der „Geomagnetik“ kann man zerstörungsfrei unter günstigen Bedingungen anhand von feinsten Abweichungen im Magnetfeld beispielsweise Gruben und Gräben erkennen, die Anhand ihrer Ausprägung im Messbild, ihrer Form oder Verteilung als durch den Menschen verursachte Bodeneingriffe zu deuten sind. Eine zeitliche oder funktionale Ansprache ist in der Regel dann – wie im Fall von Okarben – nur durch die folgenden Ausgrabungen auf dem insgesamt 8,8 Hektar großen Gebiet möglich.

Okarben als bedeutender Rastplatz: Die frühesten Funde auf dem Gelände stammen aus der „Älteren Jungsteinzeit“. Es handelt sich hierbei um über 7000 Jahre alte Siedlungsreste der ersten Ackerbauern und Viehzüchter in der Wetterau. Ein echtes Highlight bilden im Untersuchungsgebiet aber zahlreiche endneolithische Bestattungen. Diese werden im „Normalfall“ nur einzeln oder in kleinsten Gruppen angetroffen. Aus diesem Grund werden sie in der älteren Forschung auch als „Einzelgrabkultur“ bezeichnet. Mit bisher insgesamt acht Gräbern bilden die aktuellen Untersuchungen in Karben einen wichtigen Beitrag für die Erforschung des Endneolithikums in Hessen. Ebenfalls wichtig ist die weitere Erforschung eines großen wohl frühkaiserzeitlichen römischen Marschlagers, das bereits während der Untersuchung zur Nordumgehung entdeckt wurde, bisher aber noch nicht datiert werden konnte. In Kombination von gezielt angelegten Schnitten und den Ergebnissen der Geomagnetik konnte der weitere Verlauf der bereits 2014 entdeckten Spitzgräben verfolgt werden. Mit den nun nachgewiesenen Grabenlängen von 310 Meter mal 440 Meter ergibt sich eine Lagergröße von mindestens 13,6 Hektar. Es verdeutlicht die Bedeutung Okarbens als Rastplatz während der Germanenkriege.

Römischer Fassbrunnen entdeckt: Unter weiteren römischen Strukturen, die wohl einer ländlichen Siedlung aus der mittleren Kaiserzeit zuzuweisen sind, ist vor allem der Fund eines römischen Fassbrunnens hervorzuheben. Dieser fand sich in einem Bereich, der eine erhöhte Bodenfeuchte aufwies und daher optimale Erhaltungsbedingungen schuf. So konnten die untere Hälfte des römischen Holzfasses sowie organische Proben, darunter bearbeitete und unbearbeitete Holzreste sowie Tierknochen, Reste von Insekten, Gräsern und Samen, für spätere Untersuchungen geborgen werden. Ebenfalls wichtig sind spätantike Siedlungsstrukturen, die bisher vor allem im nordöstlichen Teil der Flächen aufgedeckt werden konnten. Zahlreiche Pfostenstellungen sind hier einer kleinen Siedlung beziehungsweise eines Hofplatzes zuzuordnen, der aus der Zeit der Alamannen, dem 5. Jahrhundert nach Christus, stammt. Auch für das ebenfalls bekannte Gräberfeld der nachfolgenden Merowingerzeit aus dem 6. und 7. Jahrhundert nach Christus konnten überraschende neue Erkenntnisse gewonnen werden. So zeigte sich durch den Fund von drei neuen Gräbern, dass die ursprüngliche Ausdehnung nach Süden wesentlich größer als bisher angenommen war. Die schon im Frühmittelalter teils beraubten Gräber enthielten noch zahlreiche zurückgelassene Grabbeigaben, unter anderem eine Lanzenspitze, einen Schildbuckel, einen Knochenkamm und Glasperlen.

Einladung zum Tag der offenen Tür: Um der Bevölkerung einen direkten Einblick in die umfangreichen, äußerst interessanten Grabungen zu geben, lädt die Stadt Karben gemeinsam mit hessenArchäologie, der Archäologischen Denkmalpflege des Wetteraukreises und der vor Ort tätigen Grabungsfirma Wiba am 9. September (Samstag) ab 10 Uhr zu einem „Tag der offenen Tür“ ein. Treffpunkt ist die Baustelleneinrichtung an der Rückseite des REWE-Marktes. Gleichzeitig wird bereits auf einen Vorbericht mit dem Titel „Vom Neolithikum bis zu den Merowingern – Ausgrabungen im befundreichen Gewerbegebiet Karben-Okarben ,Am Warthweg‘“ verwiesen, der im Jahrbuch der hessenArchäologie über die Arbeiten 2022 enthalten sein wird.



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