Kunst in Kirchen: Malte Lücks Videoinstallation in Glauberg

Glauberg
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Kunst in Kirchen in der Wetterau findet in diesem Jahr zum siebten Mal statt. Fünf Kirchen entlang der Bonifatius-Route werden über einen Zeitraum von fünf Wochen von Künstlerinnen und Künstlern zu Kunsträumen gestaltet. In der evangelischen Kirche Glauberg hat Malte Lück eine ganz besondere Videoinstallation geschaffen.

KunstinKirchen2909_jk (1).jpg

„Hinschauen“ lautet das Thema für das diesjährige Projekt „Kunst in Kirchen“. Bei der Videoinstallation, die Malte Lück in der evangelischen Kirche zu Glauberg geschaffen hat, gehört neben dem Hinschauen auch das Hinhören dazu. Denn das, was man als erstes hört, wenn man den Kirchenraum betritt, ist ein sich regelmäßig und stetig wiederholender metallener Klang. Er ist Teil der Videoarbeit, bei der ein weiß gekleideter Mann zusammengekrümmt, einem Embryo gleich, auf dem Boden liegt. Seine Hände verschwinden in zwei Öffnungen seines weißen Overalls – dort befindet sich auch die Quelle des Klangs.

Malte Lück, der Mann in weißem Overall, ist bekannt für seine Performances und seine installativen Arbeiten, die er häufig im kirchlichen Raum realisiert. „Wie können wir etwas in die Welt setzen, das dann von selbst Früchte trägt? Das ist eine der Fragestellungen, die seinem Beitrag für Kunst in Kirchen und seiner Arbeit generell zugrunde liegt und die Möglichkeit der Einflussnahme auf gesellschaftliche und natürlich auch individuelle Prozesse durch künstlerische Produktion auslotet.

Neben der Videoinstallation zeigt der Künstler flankierende Zeichnungen und eine Bronze, die namensgebend für das Projekt ist, nämlich Erzherzhände. Der katalanische Dichter Axel Sanjose beschreibt die Arbeit von Malte Lück: „Die konsequente Reduktion in der Formsprache ist das eine, das andere ist das, was ich ‚die Tiefe‘ nenne. Damit meine ich das Vorhandensein einer Aussage, die mich als Mensch ‚etwas angeht‘.“

Wir haben den Künstlerinnen und Künstlern einige Fragen gestellt. Hier die Antworten von Malte Lück:

Kunst in Kirchen ist ein in Deutschland einzigartiges und ungewöhnliches Projekt. Worin besteht für Sie der Reiz teilzunehmen?

Malte Lück: Mich interessiert das Beseelte, Spiritualität – und damit verbunden die Kraft für das Leben. Größer, schneller, weiter – entspricht zwar dem Anspruch einiger Menschen, aber nicht seinem Wesen, seinen (natürlichen) menschlichen Grenzen. Hier müssen wir feinfühliger werden. (lacht)… Zudem hat Prof. Susanne Pfeffer vom MMK Frankfurt noch nicht angefragt, so passte also die Ausstellung in meinen Terminkalender. Der Samen wächst dort, wo man ihn lässt.

Was reizt Sie als Künstler, in einer Kirche auszustellen?

Malte Lück: Kirchen können ein Ort der Spiritualität sein. Ein Raum der vorbereitet ist für die leisen und die stillen Töne, kann, wenn wir uns darauf einlassen, in uns (wieder) etwas (be-)rühren, zum Klingen bringen. Die Empfänglichkeit und der stille (innere) Dialog reizen mich.

Mit Ihrem Beitrag beziehen Sie Position zum Thema „hinschauen“. Sehen Sie darin ganz allgemein eine gesellschaftliche Relevanz?

Malte Lück: Jürgen Dollase hat über Essen gesagt: „Ich glaube sehr wohl dran, dass eine größere Sensibilität gegenüber dem Essen ein bestimmter Charakterzug ist, den wir insgesamt sehr gut brauchen können.“ Das trifft auf alle Dinge zu, die wir mit unseren Sinnen konsumieren wollen. Wir sollten wieder unsere Sinne trainieren. Daraus bildet sich eine „neue“ Empfindlichkeit in und für uns. Das Zarte fühlt mehr. Eine Charakterübung.

Eine Kirche ist der Ort, in dem man das Gespräch mit Gott sucht. Traditionelle Kirchenbilder erleichtern dieses Gespräch. Zeitgenössische Kunst kann da wie ein Fremdkörper wirken. Ist das so gewollt?

Malte Lück: Um sich über weite Entfernung zu verständigen gab es früher Trommeln, Rauchzeichen, später Telegrafie, dann Telefon - heute Handys. Wissen unsere Kinder noch, was eine Wählscheibe ist und wie ein Telefonhäuschen aussieht? Die Umstände eines Dialoges ändern sich, aber nicht die eigentliche Kommunikation: einer sendet, ein anderer empfängt. Daraus entsteht etwas. Das ist gewollt.

Darf Kunst hier provozieren und anecken? Was darf Kunst überhaupt, was ist ihre Aufgabe?

Malte Lück: Bei einer Fremdsprache lerne ich Vokabeln und Grammatik, um mich zu verständigen und um verstehen zu können. Ein erstes Gespräch dauert manchmal Jahre. Bei Bildern gibt es die Meinung, dass wir sie beim ersten Anblick verstehen (können). Wir schauen drauf… sehen das Bild… Ein Künstler folgt seiner „inneren Stimme“. Daraus entsteht seine Kunst. Ob die Sprache des Künstlers dann provoziert oder aneckt, liegt am Dialog zwischen Bild und Betrachter. An sich sind starke Gefühle wie anecken und provozieren (für beide Seiten) gut: sie zeigen uns, dass wir leben, lebendig sein können – es ist nur die Frage, was wir mit dieser in uns geweckten Energie anfangen…. Und wie wir diese positiv (für uns) nutzen können.

Welche Reaktionen erwarten Sie von den Besucherinnen und Besuchern?

Malte Lück: (lacht)… ich möchte etwas erleben, was ich noch nicht erlebt habe…

Foto: Die Erzherzhände von Malte Lück.

Foto: Malte Lück in der Videoinstallation.



PS: Sind Sie bei Facebook? Werden Sie Fan von WETTERAU.NEWS!

online werben