Wir sind alle ersetzbar

Ei Gude wie
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Alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei. Kennen Sie noch das Lied von Stephan Remmler aus dem Jahre 1986. Ende heißt auch Abschied nehmen.

Es gibt ihn, den Trennungsschmerz. Abschied ist auch immer mit einem Schuss Wehmut behaftet. Jeder Lebensabschnitt hat einen Anfang und logischer Weise folgt dem, irgendwann, das Ende. So ist das in allen Lebensbereichen und Übergängen von einem Lebensabschnitt in den nächsten. Viele Lebenseinstiege und -ausstiege sind freiwillig. So auch im Ehrenamt. Ich als alter „Vereinsmeier“ weiß, von was ich spreche.

Eines wurde für mich zum Leitbild. „Gehe, wenn gesagt wird, schade, dass er geht und warte nicht, bis alle sagen werden, Gott sei Dank geht er endlich.“ Dass das ein schwieriges Unterfangen ist, spüre ich jetzt selbst am eigenen Leib. Den richtigen Zeitpunkt zu finden, ist die Kunst. Ich habe leider Menschen erleben müssen, die diesen Absprung verpasst haben. Ich habe ihre Weggefährten Altersstarrsinn, Realitätsverlust und Altersdemenz gesehen und gespürt. Und ja, vor dieser Troika fürchte ich mich auch. Alles hat seine Zeit und ist irgendwann zu Ende. Wir sind alle ersetzbar. Dabei gilt, Ehrenamt muss Spaß machen.

Herr/Frau des Verfahrens ist der/die Betroffene selbst. Und das sollten alle bedenken. Erwarte nie Lob und Anerkennung. Wenn du diese „Askese“ verinnerlichen kannst, wirst du lange Freude an deinem Ehrenamt haben und es lange ausüben können. Ich habe im vergangenen Jahr meinen 70. Geburtstag gefeiert und etliche Resümees gezogen. Ich bin über 50 Jahre in verschieden Vereinen und Organisationen in unterschiedlichen Funktionen ehrenamtlich tätig gewesen. Seit meinem 14. Lebensjahr bin ich politisch aktiv. Ich habe 1967 gegen die Notstandsgesetze demonstriert. Das war der Beginn meiner politischen Aktivitäten. In diesen 55 Jahren bin ich 50 Jahre Mitglied einer Partei, davon etliche Jahrzehnte im Vorstand. 9 Jahre im Ortsbeirat, davon 5 Jahre Ortsvorsteher und 25 Jahre Gemeindevertreter. Davon 10 Jahre Vorsitzender der Gemeindevertretung und in dieser Funktion 10 Jahre in Gremien des Hessischen Städte- und Gemeindebund (HSGB) aktiv gewesen.

Es war nicht immer leicht und ich habe es manchen auch nicht immer leicht gemacht. Das war auch nicht mein Plan. Ich wollte nie Everybody‘s Darling sein, mir lagen immer das Wohl meiner Kommune und deren Bürger am Herzen. Ja, nach so einer langen Zeit wird man schon von Wehmut gepackt. Aber man wird auch wieder ein Stück freier. Weniger Termine, weniger Verpflichtungen. Ich werde mir die Freiheit nehmen und mich rar machen. Versprochen. Meine obersten Vorsätze bleiben: „Sage was du denkst und tue was du sagst!“ und: „Sage nicht alles was du weißt, aber wisse immer was du sagst!“ An diesen Baustellen arbeite ich! Während ich daran arbeite, stimme ich zum Abschied den Song „Wir werden uns wiedersehen“ der Höhner aus dem Jahre 1999 an: „Die Zeit hier mit Euch, sie war wertvoll, sie war einfach schön. Aber wie man so sagt: Wenn's am Schönsten ist, sollte man gehen…“ Ei Gude, wie!

Zum Autor

Er sei ein waschechter Neuenhaßlauer, sagt er von sich selbst. Helmut Müller (71) ist in Neuenhaßlau als 4. von 7 Kindern geboren und ein typisches Nachkriegskind dazu. Seine Mutter Hessin und evangelisch, sein Vater Sudetendeutscher und katholisch, aber kein Flüchtling, sondern Kriegsgefangener, der nicht in seine angestammte Heimat zurückkonnte. Er wächst in einem 4 Generationen Haus mit den Eltern, sechs Geschwistern, Oma und Opa sowie Onkel und der Ur-Großmutter auf. Der Spielplatz war die Straße. In der Volksschule, die er mit dem Hauptschulabschluss beendete, war deutsch seine erste Fremdsprache, die er lernen musste. In späteren Jahren hat er seine mittlere Reife und das Fachabitur für Wirtschaft und Verwaltung nachgeholt und das Ganze als Diplom Verwaltungswirt (FH) abgeschlossen. Er war in etlichen Vereinen aktiv. Man könnte ihn getrost als „Vereinsmeier“ bezeichnen. Er hat dabei fast alle Positionen, die ein Vorstand hat, begleitet. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!



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