Erster Wetterauer Limestag in Butzbach

Butzbach
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Seit 2005 ist er Teil des UNESCO-Welterbes: der Obergermanisch-Raetische Limes. Mit rund 550 Kilometer Länge verläuft er zwischen Rhein und Donau und markiert die nördliche Grenze des Römischen Reichs. Schon vor knapp 2000 Jahren entdeckten die Römer beim Bau dieser Anlage ihre Liebe für die Wetterau. Mit einer nach Norden gerichteten Ausbuchtung dieses Grenzwalls integrierten sie die fruchtbare Wetterau in ihr Reich.

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Die Reste des Limes sind entlang des Taunus im Westen und im Raum Limeshain und Altenstadt im Osten noch heute gut sichtbar. 13 der Wetterauer Kommunen haben einen Anteil an diesem Welterbe, schon seit Jahren ist der Limes daher fester Bestandteil der „ArchäologieLandschaft Wetterau“.

Um die Bedeutung des UNESCO-Welterbe-Limes, seinen Erhalt und seine Erforschung, aber auch um die besonderen Entwicklungspotenziale des Wetterau-Limes zu thematisieren, hatte der Wetteraukreis gemeinsam mit der Stadt Butzbach, der hessenArchäologie, der Archäologischen Gesellschaft Glauberg und der TourismusRegion Wetterau zu einem „Ersten Wetterauer Limestag“ nach Butzbach eingeladen. Rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus den Wetterauer Kommunen, aus Tourismus und geschichtlicher Forschung kamen, um die Impulsvorträge namhafter Experten zu hören und, um anschließend in Workshops ihre Erfahrungen auszutauschen und neue Netzwerke aufzubauen.

Der Wetteraukreis ist mit besonders langen Abschnitten des UNESCO-Welterbes Limes gesegnet, betonte Matthias Walther, Kreisbeigeordneter des Wetteraukreises, bei der Eröffnung der Veranstaltung. Diese Besonderheit gelte es noch stärker in das Bewusstsein der Menschen zu rücken und auch touristisch in Wert zu setzen. Mit dem Ersten Wetterauer Limestag setze der Landkreis den Auftakt für eine Initiative, die schon zur Landesgartenschau 2027 sichtbare Früchte tragen könne.

Schon früh hat sich die Stadt Butzbach ihres römischen Erbes gestellt, betonte Bürgermeister Michael Merle: Die Rekonstruktion eines Wachtturms auf dem Schrenzerberg oder eine entsprechende Abteilung im Museum der Stadt sind besonders sichtbare Zeichen. Aber auch in die Zukunft gerichtet, werde sich Butzbach dem Thema widmen, etwa mit der Realisierung des „Vicus“-Projekts, einer Art Bürgerpark, der die römische Besiedlung des heutigen Stadtgebiets vor 1800 Jahren inszeniert.

Hoch erfreut über die Ausrichtung des Limestages zeigte sich der hessische Landesarchäologe Prof. Dr. Udo Recker vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen. Damit sei die Chance verbunden, die Bevölkerung noch näher an die Bedeutung der Fundstücke der vielen Grabungen und Forschungen heranzubringen. In den rund 150 Jahren ihrer Besatzungszeit hätten die Römer mit ihren Landgütern, den Kastellen und Wachttürmen sowie dem Limesverlauf bis heute sichtbare Spuren in der Landschaft hinterlassen, die es zu entdecken gelte.

Die Forschung zur Epoche der Römer ist sehr dynamisch. Auch nach Jahrzehnten erlangen die Wissenschaftler immer wieder neue Erkenntnisse, durch die das Bild aus dieser Zeit an Schärfe gewinnt. Das betonten gleich drei Experten einhellig in ihren Impulsvorträgen. Der bayerische Landesarchäologe, gleichzeitig langjährige Vorsitzender der Deutschen Limes Kommission Prof. Dr. C. Sebastian Sommer vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege setzte den Wetterau-Limes zunächst in einen großen Rahmen. Auf der Leinwand zeigte er Kartenausschnitte, die ganz Europa, Vorderasien und Nordafrika umfassten. In diesem Maßstab wurden die gigantischen Ausmaße des antiken Bauwerks Limes deutlich sichtbar: Die Linie beginnt im Westen auf der Britischen Insel, springt über den Ärmelkanal und verläuft dann ohne Unterbrechung einmal quer von der Nordsee bis ans Schwarze Meer.

Der Begriff „Limes“ würde heute meist gleichgesetzt mit „Grenze“. Die ursprüngliche Bedeutung „Schneise“ käme aber den Tatsachen näher. Denn in der Tat hätten die Römer in weiten Bereichen erst einmal eine offen einsehbare Schneise in die Landschaft gerissen, die sie besser einsehen und kontrollieren konnten. Dabei sah der Limes aber nicht in allen Abschnitten gleich aus, sondern habe abhängig von der Bauphase und von den geografischen Besonderheiten sehr verschieden ausgesehen. Im Gegensatz zum Limes in der Wetterau in seiner letzten Ausbaustufe oder zum Hadrianswall waren nicht alle Abschnitte durchgehend befestigt. Oft dienten einfach nur Flüsse oder Gebirge als natürliche Grenzmarkierung.

Die unterschiedlichen Ausbaustufen des Limes in Hessen griff der hessische Limesbeauftragte Dr. Kai Mückenberger vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen auf. Nachdem teilweise wie mit dem Lineal gezogen Schneisen in die Landschaft gezogen wurden, folgten erste Wachttürme aus Holz. Wahrscheinlich unter zunehmendem Druck umliegender Germanenstämme wurde nach und nach der Grad der Befestigung der Anlage durch die Errichtung von Holzpalisaden und später mit dem Ausheben von Gräben und dem Anschütten von Wällen erhöht. Dabei war der Limes gar nicht als undurchlässige Grenze angelegt. Vielmehr diente er als sichtbare Linie der Ausbreitung des Römischen Reichs. Auch jenseits des Limes konnten römische Spuren, etwa eine ackerbauliche Nutzung nachgewiesen werden. An den Durchlässen dieser Grenze wurden Zölle erhoben, was die wirtschaftliche Bedeutung unterstreicht.

Starke regionale Akzente setze Dr. Jörg Lindenthal, Kreisarchäologe des Wetteraukreises. In seinem Vortrag konzentrierte er sich auf den sogenannten „Wetterau-Limes“, der auch auf kleinmaßstäblichen Karten durch den markanten Bogen nach Norden immer leicht zu finden sei. Neben den gut erhaltenen Abschnitten von Wall und Graben in den Wäldern der Wetterau ist der Limes vor allem durch Nachbauten römischer Wachttürme bei der Bevölkerung präsent. Als besonders gelungenes Beispiel hob er den vor wenigen Jahren in einem Bürgerprojekt aufgebauten Wachtturm bei Limeshain hervor. Weitere Anlaufpunkte, die nicht zuletzt im Zuge der Anerkennung zum UNESCO Welterbe 2005 saniert wurden, bilden das Kastell Kapersburg bei Rosbach, der sanierte und wieder zugängliche Wacht- und Signalturm „Gaulskopf“ im Wintersteingebiet oder auch die Reste des Römerbades in der Friedberger Burg.

In Zukunft gelte es, die Bevölkerung und insbesondere auch die Schulen noch näher an das spannende Thema und die Erforschung des Welterbes Limes heranzuholen. Dass es sich durchaus lohne, römisches Erbe besser zugänglich und sichtbar zu machen unterstrich Lindenthal mit dem Beispiel des Römerbades im Burggymnasium in Friedberg. Obwohl im Gebäude dieser Schule ein einmalig gut erhaltenes römisches Bad integriert ist, sei dies über lange Jahre weder in den Latein- noch in den Geschichtsunterricht eingebunden worden. Viele Schülerinnen und Schüler hätten gar nichts von diesem bedeutenden Bauwerk gewusst. Erst durch eine bessere Erschließung und Inszenierung sei es nun gelungen, das alte Bad in die Lehrpläne zu integrieren. Als weiteren wichtigen Baustein für die Vermittlung des Welterbes in der Region benannte Lindenthal die drei Limesinformationszentren im Wetterau-Museum Friedberg (für die zentrale Wetterau), im Museum der Stadt Butzbach (für den westlichen Wetteraulimes) und dem Museum Echzell (für den östlichen Wetteraulimes), die es weiter zu entwickeln gelte.

An den fachlich fundierten Input schloss sich am Nachmittag eine offene Runde mit Workshops an, um die Vernetzung der einzelnen Akteure aus Politik, Verwaltung, Ehrenamt, Forschung und Tourismus zu erreichen. Unter der Moderation von Frank Uwe Pfuhl vom Fachbüro LandKonzept wurden gemeinsam Überlegungen angestellt, wie der „Limes“ im Wetteraukreis mehr in den Fokus gerückt werden kann. In fünf thematischen Gruppen konnten erste Schritte diskutiert und Impulse gesetzt werden.

In Sachen Bildungsarbeit war die zentrale Frage, wie das Kulturerbe Eingang in die Lehrpläne der Schulen finden könne und wie dort Freiräume zu schaffen sind, um die Römer und ihr Erbe in Projektwochen oder Aktionstagen einzubinden.

Eine besondere Bedeutung kommt der Öffentlichkeitsarbeit zu: Neben dem Ausbau des Infoangebots über Social Media und klassische Printprodukte wurde hier die Installation eines gemeinsamen Römerfestes, die Organisation von Aktionstagen und die Zusammenstellung von Erlebniskoffern für Kinder und Jugendliche diskutiert.

Die Bilanz bei den Freizeitrouten fiel positiv aus, mit der Deutschen Limesstraße, dem Limesradweg und dem Limeswanderweg gibt es bereits einige gut ausgebaute Routen in der Region, diese sollten jedoch nach dem Wunsch der Teilnehmer um eine verbesserte Ausschilderung und Informationsangebote erweitert werden.

Museen, Wachttürme, Points of Interest: In der Vergangenheit wurde hier bereits ein „Museums-Dreieck“ zu den Themen Römer und Limes mit den Standorten Friedberg, Butzbach und Echzell errichtet, das weiter ausgebaut und ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden sollte. Eine bessere Vernetzung von Schule und Museen wurde diskutiert ebenso wie ein „Tag der offenen Grabungen“.

Mit der Besucherlenkung und dem Tourismus beschäftigte sich eine weitere Arbeitsgruppe. Eine besondere Rolle komme den Natur- und Kulturführern des Wetteraukreises zu, die verstärkt das Thema aufgreifen und in Szene setzen sollten. Bereits in der Vorbereitung auf die Landesgartenschau, die 2027 im östlichen Teil des Wetteraukreises stattfinden wird, soll die Einbindung des Themas eine besondere Rolle bekommen.

Das abschließende Fazit der Teilnehmer fiel sehr positiv aus: Der Austausch sei wichtig für alle Beteiligten, an den Ersten Wetterauer Limestag solle sich daher bald eine Fortsetzung anschließen. Teilweise wurden schon Verabredungen für gemeinsame Aktivitäten und für die thematische Aufbereitung beispielsweise an den Schulen getroffen.

Foto (von links): Dr. Kai Mückenberger (Limesbeauftragter Hessen/Landesamt für Denkmalpflege Hessen), Matthias Walther (Kreisbeigeordneter des Wetteraukreises), Dr. Jörg Lindenthal (Kreisarchäologe des Wetteraukreises), Prof. Dr. C. Sebastian Sommer (Vorsitzender Deutsche Limes Kommission/ Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege)



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