Die Zukunft der Demokratie – die Kommune ist der Experimentierraum der Demokratie. Hier kann und muss ausgelotet werden, wie die Demokratie gesichert und gestärkt werden kann. Denn hier findet politisches Engagement statt, hier wird demokratische Urteilsfähigkeit begründet. Herfried Münkler referierte vor diesem Hintergrund in Butzbach aus seinem aktuellen Buch „Die Zukunft der Demokratie“.
Mehr als 200 Menschen hörten nach der Einführung und Begrüßung von Bürgermeister Michael Merle und Moderator Thorsten Schäfer-Gümbel (Vorstandssprecher der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit) Prof. Dr. phil. Herfried Münkler gebannt bei seinem etwa einstündigen, freien Vortrag über die Zukunft der Demokratie zu. „Im Raum war es so still, dass man eine Nadel hätte fallen hören können“, leitete Schäfer-Gümbel zur anschließenden Gesprächsrunde über. Viele interessante Aspekte wurden zunächst auf dem Podium und dann mit dem Publikum diskutiert.
Ein wichtiges Momentum politischen Diskurses ist der Faktor Zeit. Politische Entscheidungsfindung benötigt Zeit für die Reflexion und Aushandlung von komplexen Fragestellungen. In Zeiten, in denen die Kommunikation über Social Media immer schneller wird, wird dies für die Demokratie zur Herausforderung und kann im Extremfall zur Handlungsunfähigkeit führen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Zukunft der Demokratie ist nach Münkler das ehrenamtlich politische Engagement auf der lokalen Ebene. Münkler erläuterte, dass das Engagement insgesamt in der Bevölkerung gleich hoch geblieben ist. Allerdings ist dabei das soziale Engagement gestiegen und das politisch gesunken.
Das sinkende politische Engagement im Ehrenamt hat aber zur Folge, dass das Wissen um demokratische Aushandlungsprozesse und politische Entscheidungsfindung abnimmt. Hier müsse auf der kommunalen Ebene neue Formen der Vermittlung und des Engagements ausprobiert werden, so Herfried Münkler im Gespräch mit Thorsten Schäfer-Gümbel. Die Menschen müssen wieder von reinen Konsumenten der Politik zu Mitmachenden werden. Auch müsse der Rahmen so verändert werden, dass freiwillig Engagierte nicht an Formularen, Regularien und Vorgaben verzweifeln. So der Wunsch aus dem Publikum.
Die Veranstaltung fand im Rahmen des Reallabor Demokratikums in Butzbach statt. Demokratie verstehen, lernen, leben – dieser Aufgabe ist das Demokratikum in Butzbach verpflichtet. Hier werden auf kommunaler Ebene genau die von Münkler geforderten neuen Ansätze zur Stärkung der Demokratie gesucht und ausprobiert.
Frau Dr. Andrea Soboth vom Team Demokratikum bittet den Demokratie-Experten am Ende noch einen Tipp, was im Demokratikum besonders zu berücksichtigen sei. Sein Rat an das Projekt Demokratikum und im Grunde auch an die Kommune selbst ist, Probleme offen zu beschreiben ohne immer fertige Lösungen anzubieten. Dies setzt ein großes Vertrauen in die Urteilskraft der Bevölkerung voraus. Mit Mut kann dieser Diskurs aber äußerst fruchtbar sein.
Im Anschluss an die Veranstaltung gab es am Büchertisch der Buchhandlung Bindernagel, das beim Brandstätter Verlag erschienene Buch: „Die Zukunft des Demokratie“ zu erwerben und die Möglichkeit, es sich vom Autor persönlich signieren zu lassen. Darüber hinaus wurden die bereits vor Beginn der Veranstaltung angefangenen Diskussionen zur Lage der Demokratie fortgesetzt.
Politikbegeisterte und politisch Engagierte, Zukunftsforscher, ehemalige Studierende des emeritierten Professors, zum Teil weit zur Veranstaltung angereist, nutzten die Chance mit Herfried Münkler in das persönliche Gespräch einzusteigen.
Wer nicht bei der Veranstaltung dabei gewesen sein konnte, hat die Möglichkeit ein vom HR2 geführtes Interview im Vorfeld zur Veranstaltung mit Herfried Münkler als Podcast zu hören (https://www.hr2.de/podcasts/herfried-muenkler-ueber-die-zukunft-der-demokratie,audio-81602.html). Die Veranstaltung sowie die anschließende Diskussion wurden außerdem von einem Teilnehmenden, mit Erlaubnis der Vortragenden komplett aufgezeichnet und kann in YouTube abgerufen werden: (https://youtu.be/L6CSq33FHdk; https://youtu.be/0BEKqkIbAlk).
Das Land Hessen fördert das „Demokratikum“ in Butzbach
Das Land Hessen fördert im Jahr 2023 ein „Demokratikum“ in Butzbach über das Förderprogramm „Zukunft Innenstadt“. Das „Reallabor Demokratikum“ macht das Thema Demokratie in der Innenstadt für alle erlebbar. Demokratiegeschichte rund um Friedrich Ludwig Weidig, aktuelle Fragen zur Demokratie aber auch demokratische Prinzipien in der Stadtentwicklung werden aufgegriffen und in verschiedenen Angeboten durch das gesamte Jahr des Butzbacher Stadtjubiläums sichtbar gemacht. Das Reallabor ist ein erster Schritt auf dem Weg ein dauerhaftes, festes Demokratikum in Butzbach zu entwickeln. Es fügt sich in die 1250-Jahr-Feier der Stadt Butzbach ein.
Weitere Informationen zum Projekt Demokratikum unter www.demokratikum.de
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