Butzbach: „Friede den Hütten – steht die Demokratie zur Disposition?“

von links: Prof. Dr. Michael Dreyer, Bürgermeister Michael Merle, Werner Schmidt (BüchnerFindetStatt e.V.), Museumsleiter Peter Brunner (BüchnerHaus Riedstadt), Prof. Dr. Peter Brandt, Dr. Alexandra Bleyer. Foto: Ludmilla Naumann

Butzbach
Typographie
  • Smaller Small Medium Big Bigger
  • Default Helvetica Segoe Georgia Times

Mehr als 60 Personen kamen am 03.10.2023 der Einladung zum Büchner-Weidig-Symposium nach, das im Rahmen des Reallabors Demokratikum und BüchnerFindetStatt e.V. in Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Hessen ausgerichtet wurde. Bürgermeister Michael Merle begrüßte die Anwesenden und freute sich über die rege Beteiligung.

„Dies bestärkt uns in der Überlegung, dass der Tag der Deutschen Einheit genau der richtige Tag ist, um sich mit Fragen der Demokratie in einem Symposium zu beschäftigen. Wir freuen uns, dass wir dies durch die Unterstützung des Landes Hessen und in Kooperation mit BüchnerFindetStatt so realisieren können,“ so Michael Merle weiter. Peter Brunner, Museumsleiter im Büchnerhaus für BüchnerFindetStatt e.V. führte in das Symposium inhaltlich ein und stellte das exquisite fachwissenschaftliche Podium aus Prof. Dr. Peter Brandt, Dr. Alexandra Bleyer und Prof. Dr. Michael Dreyer vor.

Prof. Brandt beschäftigte sich in seinem Vortrag ausführlich mit den demokratischen Strömungen in Deutschland in den Jahren 1789 bis 1848. Sehr detailliert führte er aus, welche geschichtlichen Stränge den Vormärz und das Paulskirchen Parlament erst ermöglicht hatten. Die genaue Beschreibung dieser Entwicklungen sind aus seiner Sicht jedoch nicht nur fachwissenschaftlich interessant, sondern haben weitergehende Bedeutung. Tradition schafft Legitimität. Geschichtliches Wissen erzeugt Erkenntnis über die Form wie Demokratie entstanden und erkämpft wurde, wofür es sich lohnt sich für sie einzusetzen „Die Demokratie ist 1945 nämlich nicht einfach aus den USA als Exportartikel gekommen. Deutschland hatte demokratische Wurzeln, an die angeknüpft werden konnte. Diesen Wurzeln sollte man sich bewusst sein,“ so Prof. Brandt.

Dr. Alexandra Bleyer griff in ihrem Vortrag die Bedeutung der Frauen in der Revolution 1848/49 auf. Amalie Struve, Emma Herwegh, Louise Otto – um nur einige zu nennen – wurden in ihrem Vortrag als aktive und tatkräftige Mitstreiterinnen vorgestellt. Auch wenn es vielen nicht in dem Maße bewusst ist, Frauen waren in der Revolution mittendrin. Frauen waren eingeladen, am Hambacher Fest 1832 teilzunehmen und sie taten dies auch bewusst und aktiv. Die erste Massendemonstration von Frauen fand in Wien 1848 statt, da der Lohn der Arbeiterinnen gekürzt wurde. Rund um die Entstehung des Paulskirchenparlaments wurde ebenfalls über das Frauenwahlrecht diskutiert, letztendlich durften Frauen jedoch nur zuhören. Und auch dies wurde zur damaligen Zeit deutlich kritisch kommentiert, erläutert Dr. Bleyer. Besonders markant bleibt aus diesem Vortrag jedoch das Zitat von Louise Otto (1819-1895) im Gedächtnis, das die politische Haltung der Frauen damals verdeutlicht: „Die Teilnahme der Frau an den Interessen des Staates ist nicht ein Recht, sondern eine Pflicht.“

Prof. Dr. Michael Dreyer näherte sich dem Thema über eine Definition des Begriffs Demokratie durch Johann Heinrich Zedlers „grosses vollständiges Universal-Lexicon aus dem Jahre 1734“. Sechs Merkmale der Demokratie wurden darin benannt, die auch heute noch das Verständnis von Demokratie prägen. Die Majestität (= Souveränität) liegt beim gesamten Volk. Es gilt gleiches Recht für alle (unumschränkte Demokratie) wie Sonderrechte für einige als Minderheitenschutz (umschränkte Demokratie). Der Wille der Mehrheit gilt für alle und Stimmen werden gezählt, nicht gewogen. Prof. Dreyer führte aus, dass Demokratie nur in kleinen Einheiten unmittelbar ausgeübt werden könne. Prof. Dreyer erläuterte in seinem sehr anschaulichen Vortrag weiterhin, wie unsere heutige Demokratie als Staatsform entstanden ist und welche „Zutaten“ es in der europäischen Geschichte gebraucht hat, damit dies möglich war.

Den drei Vorträgen schloss sich eine moderierte Diskussion mit den Zuhörenden an. An deren Schluss waren sich alle Vortragenden – mit Alexis de Tocqueville 1835 gesprochen – einig: Die Demokratie ist die Staatsform der Zukunft!

Das Büchner-Weidig-Symposium wird mit einem zweiten Teil am 10.11.2023, 16 Uhr im Museum Butzbach fortgesetzt. Als Vortragende werden begrüßt:

  • Prof. Dr. Gad Arnsberg: Ein Gespenst ging um in Europa – Das Gespenst der Revolution
  • Dr. Antje Schupp: Feminismus und Intersektionalität am Beispiel von Victoria Woodhull
  • Dr. Gerd Koenen: Demokratie: Die schlimmste Form von Regierung – mit Ausnahme aller anderen

Anmeldungen sind bereits möglich Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Weitere Informationen: www.demokratikum.de

Das Land Hessen fördert das „Demokratikum“ in Butzbach

Das Land Hessen fördert im Jahr 2023 ein „Demokratikum“ in Butzbach über das Förderprogramm „Zukunft Innenstadt“. Das „Reallabor Demokratikum“ macht das Thema Demokratie in der Innenstadt für alle erlebbar. Demokratiegeschichte rund um Friedrich Ludwig Weidig, aktuelle Fragen zur Demokratie aber auch demokratische Prinzipien in der Stadtentwicklung werden aufgegriffen und in verschiedenen Angeboten durch das gesamte Jahr des Butzbacher Stadtjubiläums sichtbar gemacht. Das Reallabor ist ein erster Schritt auf dem Weg ein dauerhaftes, festes Demokratikum in Butzbach zu entwickeln. Es fügt sich in die 1250-Jahr-Feier der Stadt Butzbach ein.

demokratiesymp2 kg
Foto: Dr. Alexandra Bleyer bei Ihrem Votrag. Foto: Ludmilla Naumann

demokratiesymp1 kg
Foto: Peter Brunner (BüchnerHaus Riedstadt) bei der Einführung in die Veranstaltung. Foto: Ludmilla Naumann



PS: Sind Sie bei Facebook? Werden Sie Fan von WETTERAU.NEWS!

online werben