Besondere Krippen im Kloster Oberzell

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Seit dem ersten Advent ist im Seitenschiff der Klosterkirche Sankt Michael im Kloster Oberzell eine besondere Krippe zu sehen: Sie wird bis zu Mariä Lichtmess am 2. Februar mehrmals die Szene wechseln. Dargestellt wird nicht nur die Weihnachtsgeschichte mit Jesuskind in der Futterkrippe, daneben Maria und Josef, Ochs und Esel, Hirten und Schafe im Stall, sondern auch weitere Szenen aus der Überlieferung bis Mariä Lichtmess, schreibt die Gemeinschaft.

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Derzeit ist – nach der Verkündigung an Maria – die vergebliche Herbergssuche zu sehen. Es folgen die eigentliche Krippendarstellung, der Besuch der Heiligen Drei Könige und schließlich die Begegnung im Tempel, wenn Simeon und Hanna im Kind Jesu den Messias erkennen.

Die fünf Szenen hat Schwester Ellensindis Mannel geschaffen. Sie war Schneiderin, künstlerisch sehr interessiert und wirkte jahrzehntelang in der Berufsfachschule. Sie formte jede einzelne Figur liebevoll aus Wachs und nähte die Kleider aus Stoffresten. Seit ungefähr 2007 werden ihre Figuren ausgestellt. Nach ihrem Tod 2010 übernahmen Schwester Siegfrieda Nöth und Schwester Petra Körner die Verantwortung für die Krippenausstellung. Doch Nöth ist mittlerweile auch verstorben, und mit 91 Jahren fällt es Körner zunehmend schwerer, die Figuren aus dem oberen Stock in die Kirche zu tragen. Daher lernt sie nun Schwester Vianney Schneider ein.

Die Tradition der Weihnachtskrippe geht bis ins frühe Christentum zurück. Es heißt, dass das heutige Weihnachtskrippenspiel auf Franz von Assisi zurückgeht, der 1223 in der Nähe von Greccio eine Krippe mit lebenden Figuren gestaltete, um den Gläubigen anschaulich das Weihnachtsevangelium näherzubringen. Für die Oberzeller Franziskanerinnen hat die Krippe eine besondere Bedeutung: Sie sehen in der Menschwerdung Gottes in Jesus ihren Auftrag. Gründerin Antonia Werr wählte daher für ihre Gemeinschaft den Namen „Dienerinnen der heiligen Kindheit Jesu“. Im Kloster Oberzell werden Krippen nicht nur zu Weihnachten aufgestellt. Jeden Monat feiern die Schwestern jeweils am 25. in einem Gottesdienst diese Menschwerdung Gottes. Dazu stellen sie eine vom Künstler Ludwig Sonnleitner 1938 nachgebildete Krippe mit dem kleinen Jesuskind auf.

Auch Schwester Eusigna Schultes ist von Krippen begeistert. Sie hat in den vergangenen Jahren viele weitere Krippen gesichtet, die im Dachboden und in anderen Schränken gelagert waren. „Wir hatten früher viele Niederlassungen, und als diese aufgelöst wurden, kamen einige Krippen unbeachtet zurück ins Mutterhaus“, erzählt sie. Bei der Auflösung der Filiale in Ebersfeld wurde beispielsweise eine Krippe aus Gips entdeckt. Die Vielzahl an traditionellen sowie modernen Krippen, große bis winzig kleine aus Ton, Stein, Metall, Holz oder Stoff, viele unvollständig, hat sie nun erstmals für ihre Mitschwestern ausgestellt.

In einigen Schachteln wurden alte große Figuren gefunden, die in einem erbärmlichen Zustand waren. Schultes versuchte, diese zu säubern und zu restaurieren. Einer Maria mit fein gearbeitetem Gesicht und Händen aus Holz beispielsweise hat sie ein Drahtgestell als Stehhilfe um den Körper gebaut. Eine Krippe aus Ton stammt von der im Alter von 69 Jahren gestorbenen Schwester Elfriede Scheuer. „Sie war Kunst- und Zeichenlehrerin im Haus Sankt Hildegard und hatte eine ganz besondere Ausstrahlung. Ihr war Kunst und Ästhetik sehr wichtig, und sie hat die Figuren liebevoll geformt. Sie war eine Frohnatur, die in der Freude ihres Herzens Gott und den Menschen dienen wollte“, erinnern sich ihre Mitschwestern. Von Scheuer stammt auch das Landschaftsgemälde, das als Hintergrund der großen Weihnachtskrippe dient, die Bruder Wunibald Kellner aus Münsterschwarzach 1943 zum Zeichen des Dankes für die Einquartierung in den Kriegsjahren dem Mutterhaus schenkte.

In der Krippensammlung des Klosters findet sich auch ein sogenanntes Fatschenkind – eine beliebte alte Darstellung des Jesuskindes aus Süddeutschland. Die mit Bändern umwickelten – „gefatschten“ – Figuren bestehen meist aus Wachs. Auch eine Krippe mit sogenannten Egli-Figuren darf nicht fehlen. Diese ursprünglich aus der Schweiz stammenden großen, schweren und sehr beweglichen Figuren werden zur Darstellung von biblischen Geschichten beispielsweise im Unterricht oder in der Seelsorge genutzt. Die Erzählfiguren haben kein Gesicht, um ihren Ausdruck nicht festzulegen und nur durch die Körpersprache wirken zu lassen. Eine Krippe hat Schultes sogar selbst gefertigt. Anlass war ein Krippenweg in Ebersfeld, an dem sich auch die Schwestern beteiligen wollten. Aus Resten wie großen Holzklötzen, Draht, Gips sowie Woll- und Stoffresten gestaltete sie eine große Krippe in einer Garage.

Auch wenn Schultes von vielen Krippen nicht weiß, woher sie kommen, wer sie gestaltet hat oder ob sie wertvoll sind, so hat jede einzelne eine Bedeutung für sie – stellen sie doch alle die Menschwerdung Jesu dar. Die Oberzeller Franziskanerinnen betrachten alle Menschen als Kinder Gottes: einzigartig und gewollt, mit einer unveräußerlichen Würde. „In jedem ist der göttliche Funke, den wir uns bewusst machen sollten. All unser Tun in unseren Einrichtungen ist es, Menschen, deren Würde durch schreckliche Erlebnisse verschüttet wurde, zu helfen, diese wiederzufinden.“

Weitere Informationen im Internet unter www.oberzell.de

Fotos: Kloster Oberzell



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