Zehn Jahre Pflegestützpunkte im Kreis

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Vor zehn Jahren wurde der erste Pflegestützpunkt im Wetteraukreis eingerichtet. Getragen wird er gemeinsam von den Pflegekassen und den Kommunen. Hier im Wetteraukreis ist die AOK der Kooperationspartner. Seinen Sitz hat der erste Pflegestützpunkt im Wetteraukreis in Büdingen.

Aufgrund der großen Nachfrage wurde 2018 ein zweiter Pflegestützpunkt eingerichtet, er hat seinen Sitz in Friedberg in der Pfingstweide. Knapp 20.000 Beratungen wurden seit Gründung des Pflegestützpunktes trägerunabhängig geführt.

„Die aktuelle Situation hinsichtlich Covid19 verlangt von uns allen viel ab und stellt uns vor große Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, gut auf sich zu achten und gesund zu bleiben. Aber auch in diesen Zeiten hat der Pflegestützpunkt ein offenes Ohr für alle Ratsuchenden. Die Kolleginnen und Kollegen stehen weiterhin mit Rat und Tat zur Seite“, berichtet Erste Kreisbeigeordnete und Sozialdezernentin Stephanie Becker Bösch. Trotz der Kontaktbeschränkungen, können Fragen rund um das Thema Pflege telefonisch geklärt werden.

Den ersten Teil des Interviews lesen Sie hier: https://wetterau.news/service/2109-interview-zehn-jahre-pflegest%C3%BCtzpunkte-im-kreis.html

Frage: Das Thema Einstufung in Pflegegrade ist ein Punkt, über den die Ansichten oft differieren. Der Medizinische Dienst der Krankenkasse macht eine Einstufung, die Betroffenen sehen das als nicht ausreichend an. Wie kann da der Pflegestützpunkt beraten?

Armin Auth: Seit 2017 gibt es fünf Pflegegrade und jeder Pflegegrad beinhaltet einen eigenen Leistungsanspruch. Darüber informieren wir die Versicherten. Der Medizinische Dienst der Krankenkasse erstellt dann ein Pflegegutachten.

Sodann stellt sich die Frage, ob die tatsächlichen Verhältnisse auch tatsächlich im Pflegegutachten berücksichtigt worden sind oder ob es noch Dinge gibt, die der Gutachter nicht berücksichtigt hat? Wir helfen bei der Formulierung des Widerspruchs und erreichen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, oftmals auch Verbesserungen für unsere Klientinnen und Klienten.

Frage: Wenn Angehörige nicht da oder verfügbar sind, ist der Betroffene ja ziemlich alleine auf sich gestellt?

Marlon Albert: Wir können in Ausnahmefällen bei der Erstellung des Gutachtens dabei sein. Es ist sinnvoll, wenn jemand aus der Familie dabei ist. Aber wenn niemand verfügbar ist, übernehmen wir diese Aufgabe. Das kann natürlich immer nur ein Ausnahmefall sein, denn es ist sehr aufwändig.

Anja Tröger: Aufgrund von Corona hat der Medizinische Dienst die Fragebögen für die Begutachtung verschickt. Die sind aber so kompliziert, dass sie kaum von jemandem alleine zu beantworten sind. Da helfen wir natürlich auch beim Ausfüllen.

Frage: Wie ist Ihr Eindruck: wie gut sind die Betroffenen und die Angehörigen informiert zu Fragen der Pflege, der Pflegebedürftigkeit und den Leistungen der Pflegekassen?

Christina Keller: Schlecht bis gar nicht. Bei Veranstaltungen, an denen wir uns und unser Angebot vorstellen, machen wir oftmals die Erfahrung, dass viele die Arbeit des Pflegestützpunktes nicht kennen oder distanziert reagieren: „Das brauche ich noch nicht. Das hat alles noch Zeit.“ Man beschäftigt sich tatsächlich erst mit dem Thema Pflege, wenn man selbst oder nahe Angehörige davon betroffen sind.

Frage: Wie wirkt sich das aus?

Christina Keller: Wir hatten schon Fälle, wo Angehörige kamen und ganz verzweifelt sagten, die Oma muss ins Heim, es geht nicht mehr. Und am Ende des Tages haben wir eine gute Lösung mit ambulanten Unterstützungen gefunden und die alte Dame lebt noch heute zu Hause. Es gibt da eine ganze Reihe von Entlastungsmöglichkeiten, die die Pflege zu Hause auch für die Angehörigen deutlich erleichtert.

Frage: Welche Ziele verfolgen Sie da?

Franziska Jahn: Das ist nicht nur unser Ziel, das ist vor allem das Ziel der Betroffenen selbst. Die meisten wollen so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden bleiben. Um dies zu ermöglichen, gibt es verschiedene Formen, z.B. die Wohnberatung, die auch zu Hause stattfindet. Dabei wird geschaut, was umgebaut werden muss, damit die Person so lange wie möglich zu Hause bleiben kann. Hier gilt eindeutig: ambulant vor stationär. Das ist auch die Grundlage, auf der wir arbeiten.

Frage: Wo liegt der Schwerpunkt der Beratungen, im ambulanten oder im stationären Bereich?

Marlon Albert: Eindeutig im ambulanten Bereich. Im stationären Bereich wird vieles von den Einrichtungen selbst abgedeckt.

Frage: Wenn Sie sagen, die Menschen sind wenig vorbereitet auf das Thema. Was würden Sie raten, wo holt man sich seine ersten Informationen?

Franziska Jahn: Ein erster Blick auf unsere Internetseite Wetteraukreis, Stichwort „Leben im Alter“. Da gibt es Informationen zur Altenhilfeplanung, zu den Pflegestützpunkten, zur Pflege- und Fachberatung und den direkten Ansprechpartnern mit Telefonnummern. Hier ist auch die Infobroschüre der Pflegestützpunkte hinterlegt und es gibt einen Link zu der Seite „Pflegelotse“ - dies ist ein Angebot der Pflegekassen, wo man eine Übersicht über ambulante und stationäre Angebote findet und natürlich die Pflegestützpunkte selbst. Hier finden die Menschen erstes Informationsmaterial. Aber auch die Wohlfahrtsverbände und einige Kommunen halten solche Beratungsangebote vor.

Wir wünschen uns noch eine bessere Vernetzung mit den Ärzten im Wetteraukreis, die ihre Patientinnen und Patienten auf unsere Arbeit aufmerksam machen mögen.

Frage: Wie hoch sind denn die Kosten für die Pflegeberatung?

Anja Tröger: Die Pflegeberatung ist grundsätzlich kostenfrei. Man ruft einfach bei uns an und vereinbart einen Termin.

Frage: Wie lange dauert das bis man einen Termin bekommt?

Anja Tröger: Innerhalb der nächsten 2 Wochen bekommt man einen Termin.

Frage: Wie machen Sie auf Ihre Arbeit aufmerksam?

Christina Keller: Unsere Netzwerkarbeit spielt hier eine große Rolle. Wir besuchen z.B. Wochenmärkte und verteilen dort die SOS-Dosen, die eigentlich jeder im Hause haben sollte, um eine schnelle Hilfe im Falle eines Falles zu gewährleisten.

An solchen Ständen haben wir oftmals die Erstkontakte, die dann in eine intensivere Beratung münden. Zudem geben uns diese Stände die Möglichkeit, unsere Arbeit einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren und die Anonymität, die sich Menschen zu Beginn häufig wünschen ist gewährleistet.

Frage: Welches Fazit ziehen Sie nach zehnjähriger Arbeit?

Anja Tröger: Gut, dass es uns gibt. Das ist eine Resonanz, die wir von vielen Ratsuchenden bekommen.

Der Pflegestützpunkt Büdingen ist unter der Telefonnummer 06042/884-1801 und der Pflegestützpunkt Friedberg unter der Telefonnummer 06031/83-3412 oder -3411 zu erreichen, sowie per Mail unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Foto (von rechts): Fachstellenleiterin Franziska Jahn und Sozialdezernentin Stephanie Becker-Bösch.



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