Elektrobefischung: Stromschläge für den Artenschutz

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Was Hessen Mobil im Vorfeld einer Brückenbaumaßnahme heutzutage häufig unternimmt, ist durch Zufall im Jahre 1910 beim Bruch einer 110 Volt-Leitung entdeckt worden - und klingt zunächst eigentlich so gar nicht nach Nachhaltigkeit: Elektrobefischung. "Diese faszinierende und überraschend tierfreundliche Methode haben wir am Beispiel in Lauterbach-Frischborn begleitet. Der Ort liegt in einem so genannten 'FFH-Gebiet'. Die Abkürzung steht für 'Fauna-Flora-Habitat'. Das heißt konkret: Hier sind im Bach besonders geschützte Arten zu erwarten, weshalb vor Arbeitsbeginn genauer hingeschaut wird", so die Straßenverkehrsbehörde in einer Pressemitteilung.

Doch bevor es mit Gummistiefeln und allerlei Gerät in die Lauter geht, sollen noch ein paar naheliegende Fragen geklärt werden.

Wie sollen Stromschläge im Wasser der Umwelt helfen?

Welche Tiere in unseren Bächen, Seen und Flüssen leben, lässt sich tatsächlich am besten und präzisesten mithilfe der Elektrobefischung feststellen. Die Tiere werden dabei nicht verletzt oder gar getötet. Hinterher weiß man nachweislich, welche Arten in welcher Anzahl den Bach bevölkern, und kann künftig entsprechend danach handeln.

Wie läuft eine Elektrobefischung ab?

Mit einer Anode und einer Kathode wird ein konstanter Gleichstrom im Gewässer erzeugt. Die im Stromkreis befindlichen Fische schwimmen dann zur Anode, wo sie betäubt und eingesammelt werden können. Sobald die Bachbewohner das Stromfeld verlassen haben, lässt die Betäubung nach. Nach dem Vermessen und Wiegen werden sie dann unbeschadet zurück- oder umgesetzt. Im Vorfeld hat das Ökobüro Gelnhausen, dass die Befischung für Hessen Mobil durchführt, eine entsprechende Genehmigung beim Regierungspräsidium Gießen eingeholt - ohne ist Elektrobefischung nämlich verboten.

In Frischborn wird die Ortsdurchfahrt erneuert - und dabei die alte Brücke über die Lauter gleich mit. Darin werden seltene Arten wie das Bachneunauge oder die Groppe vermutet. Ob dieser Verdacht zutrifft, muss nun die Elektrobefischung zeigen. Auf einer Länge von 50 Metern wird die Lauter nahe der Brücke in drei Durchgängen abgefischt. Für die Befischung sind zwei Anodenträger sowie zwei Beifänger im Einsatz. Dazwischen ist immer wieder Pause angesagt, um den Stress für die Tiere zu minimieren.

In den mitgebrachten Behältern wird so nach und nach bestimmt und vermessen. Die Artenvielfalt so eines vermeintlich unbedeutenden Baches ist überraschend. Fünf Fischarten stehen auf der Fangliste, außerdem landen gleich 18 Signalkrebse in den Netzen. Der Stichling ist mit insgesamt 41 Exemplaren die häufigste gefangene Fischart und hält sich bevorzugt in den Randbereichen im Dickicht auf. Zudem werden auf den Sand- und Kiesbänken stolze 31 Bachneunaugen gefangen. Neun Bachforellen, drei Schmerlen und eine Groppe sind außerdem mit dabei.

Die Vermutungen waren also korrekt. Geschützte Fische gibt es in der kleinen Lauter reichlich. Schnell werden sie in nicht vom Bau betroffene Bereiche des Baches umgesetzt. Die „Fischer“ packen ihre Ausrüstung ins Auto und düsen zurück nach Gelnhausen. Ihr wichtiger Beitrag zum Artenschutz ist getan. Und die ermittelten Daten werden nur wenige Tage später aufbereitet und mit den Naturschutzbehörden geteilt, sodass der interessante Ertrag der Arbeit nicht auf die Brückenreparatur beschränkt bleibt.

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