Nicht nur Opfer von Gewalttaten, sondern auch Opfer der beiden Weltkriege, des SED-Regimes oder Impfgeschädigte erhalten Leistungen der Sozialen Entschädigung. Dabei haben in Hessen nicht zuletzt der Anschlag von Hanau oder auch die Amokfahrt in Volkmarsen gezeigt, dass Opfer einer Gewalttat Hilfe brauchen. Mitunter sogar ein Leben lang. Die Leistungen für Betroffene, die aufgrund einer Gewalttat nachweislich einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben, sind vielfältig. Sie reichen von der Heil- und Krankenbehandlung bis hin zur Gewährung einer Rente.
„Zum Jahreswechsel stehen wir nun vor einem Meilenstein in der Sozialen Entschädigung“, sagt der Gießener Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich. Denn das Soziale Entschädigungsrecht wird zum 1. Januar 2024 reformiert, es gibt neue und teils höhere Leistungen.
Das Regierungspräsidium Gießen ist als Landesversorgungsamt und Fachaufsicht über die sechs Hessischen Ämter für Versorgung und Soziales zuständig. Daher hatte die Behörde Vertreterinnen und Vertreter von Opferschutzverbänden, der Polizei oder auch Sozialverbänden eingeladen, die nach Gewalttaten in der Regel die erste Anlaufstelle für Betroffene und somit Multiplikatoren sind. Was ändert sich für die derzeit rund 3.700 Versorgungsberechtigten in Hessen? Wie ist das Opferentschädigungsrecht ab dem 1. Januar 2024 neu aufgestellt? Diese Fragen standen bei der Informationsveranstaltung in Gießen im Mittelpunkt.
Meike Berghöfer (Regierungspräsidium Gießen) gab zunächst einen Überblick über das neue Vierzehnte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV), das das Soziale Entschädigungsrecht neu regelt. Das bisher geltende Entschädigungsrecht beruht auf dem Bundesversorgungsgesetz, das in den 1950er Jahren für die Versorgung der Kriegsopfer geschaffen wurde. Viele Gesetze bauten darauf auf, unter anderem das Opferentschädigungs- und das Infektionsschutzgesetz. „Ziel ist, die bisherigen gesetzlichen Grundlagen in einem neuen Sozialgesetzbuch zusammenzufassen“, erläuterte sie den Hintergrund. „Dieser Schritt ist nachvollziehbar und eigentlich auch dringend geboten. Denn: Die Zahl der Versorgungsberechtigten aufgrund von Gewalttaten wie beispielsweise Attentaten nimmt immer mehr zu“, hatte Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich bereits in seinem Grußwort betont. Mit anderen Worten: Der Fokus verändert sich und neue Tatbestände wie die psychische Gewalt werden künftig berücksichtigt.
Mit ähnlichen Worten drückte es auch Werner Puchinger vom Fachbereich Soziale Entschädigung des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen in seinem Vortrag aus. „Die Zeiten haben sich geändert, leider auch die Tatbestände“, sagte er mit Blick auf Attentate. Der Landeswohlfahrtsverband wird tätig, wenn der Anerkennungsbescheid des jeweiligen Versorgungsamtes vorliegt. Dann gilt es zu prüfen, welche Hilfen der Landeswohlfahrtsverband leisten kann, beispielsweise um Menschen mit einer Behinderung wieder in das Arbeitsleben und das Leben in der Gesellschaft zu integrieren. Aktuell gibt es rund 1.000 Berechtigte, die Leistungen des Verbandes in Anspruch nehmen, wie der Regionalmanager für Hessen berichtete.
Wichtig ist für alle Betroffenen: Wer bereits jetzt Versorgungsleistungen der Sozialen Entschädigung erhält, bekommt diese auch weiterhin. Für Ereignisse nach dem 1. Januar 2024 wird automatisch das neue Recht angewendet. „Das SGB XIV wird die Lebenssituation von Gewalt- und Terroropfern, derzeitigen und künftigen Opfern aufgrund der Auswirkungen beider Weltkriege, Geschädigten durch Ereignisse im Zusammenhang mit dem SED-Regime zu Zeiten der DDR, der Ableistung des Zivildienstes und Impfgeschädigten sowie ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen beziehungsweise Nahestehenden deutlich verbessern“, betonte Meike Berghöfer. Weitere Informationen dazu, insbesondere was Betroffene beachten müssen, die bereits Leistungen der Sozialen Entschädigung von einem der sechs Hessischen Ämter für Versorgung und Soziales erhalten, gibt es auf der Internetseite des Regierungspräsidiums Gießen unter https://rp-giessen.hessen.de/inkrafttreten-zum-01012024. Ein Erklärvideo zum neuen Sozialgesetzbuch findet sich auf der Internetseite des zuständigen Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unter https://www.bmas.de/SharedDocs/Videos/DE/Artikel/Soziale-Sicherung/erklaerfilm-zum-sozialen-entschaedigungsrecht.html.
Regierungspräsident Dr. Christoph Ullrich (r.) dankte Meike Berghöfer (Regierungspräsidium Gießen) und Werner Puchinger (Landeswohlfahrtsverband Hessen) für ihre Ausführungen. Foto: RP Gießen
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