Wetteraukreis bereitet sich auf steigende Flüchtlingszahlen vor

Die beiden Leichtbauhallen, in denen die neue KEAE entsteht, bieten insgesamt 150 Bettenplätze. Foto: Wetteraukreis

Politik
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Die italienische Mittelmeerinsel Lampedusa hat den Notstand ausgerufen: Mehr als 5.000 Flüchtlinge sind dort am vorvergangenen Dienstag angekommen – mehr als je zuvor an einem Tag und mehr als die Insel Einwohner hat. Auch in Hessen machen sich die europaweit stark steigenden Flüchtlingszahlen bemerkbar. So erreichten in der vergangenen Woche über 1.400 Menschen die Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes.

Aufgrund dieser hohen Zahl hat das Land nun im laufenden Quartal seine Zuweisungen an die hessischen Landkreise erhöht und bereits steigende Zuweisungen für das vierte Quartal angekündigt. Parallel dazu wird der Wetteraukreis seine eigene Erstaufnahmeeinrichtung (KEAE) auf dem Gelände der ehemaligen Friedberger Kaserne in Betrieb nehmen. Die zwei Leichtbauhallen, in denen die neue KEAE entsteht, befinden sich in unmittelbarer Nähe zur Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen. Sie werden insgesamt 150 Bettenplätze bieten, weitere 50 Plätze schafft der Kreis in einem angrenzenden Kasernengebäude, um auf steigenden Zuweisungszahlen reagieren zu können. Ab dem vierten Quartal sollen dann sämtliche im Kreis ankommenden Flüchtlinge für zwei bis drei Wochen in der KEAE untergebracht und für die Zuweisung an die Städte und Gemeinden vorbereitet werden.

Seit Beginn der neuerlichen Flüchtlingskrise hatte der Wetteraukreis die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine an die Städte und Gemeinden verteilt, während er selbst zunächst die Verantwortung für die Unterbringung der Geflüchteten aus weltweiten Krisengebieten übernommen hat. Da die kreiseigenen Unterbringungskapazitäten jedoch so gut wie erschöpft waren, musste der Kreis ab dem 1. Juli vom Landesaufnahmegesetz Gebrauch machen und alle Geflüchteten direkt zur Unterbringung an die Wetterauer Städte und Gemeinden übergeben. Die Städte Friedberg und Büdingen sind hiervon ausgenommen, da das Land in beiden Kommunen bereits Landes-Erstaufnahmeeinrichtungen betreibt.

„Da uns jedoch zwischenzeitlich wenige Menschen zugewiesen wurden und wir parallel einige bereits in Bau befindliche Unterkünfte fertigstellen konnten, werden wir die nun steigenden Zuweisungszahlen erst einmal für die Kommunen abpuffern können", teilt Landrat Jan Weckler mit. Das Land habe allerdings bereits mitgeteilt, dass im Laufe des vierten Quartals noch einmal mit einem deutlichen Anstieg der Flüchtlingszahlen zu rechnen ist: „Vor diesem Hintergrund ist zu befürchten, dass unsere neu geschaffenen freien Plätze schnell belegt sein werden. Dann muss der Kreis erneut vom Landesaufnahmegesetz Gebrauch machen und die Menschen zur Unterbringung an die Städte und Gemeinden weitergeben", so der Landrat.

Ziel der neuen Kreis-Erstaufnahmeeinrichtung ist es, den Städten und Gemeinden so viele administrative Aufgaben abzunehmen wie möglich – also beispielsweise Antragsstellungen, Termine mit der Ausländerbehörde oder die Einrichtung von Bankkonten. Auch ein „Medical Point" wird in der KEAE installiert. Die Menschen werden von einem Arzt erstuntersucht und erhalten notwendige Impfungen sowie ein Datenblatt, um dieses später bei Bedarf dem Hausarzt vorlegen zu können.  „Damit soll die medizinische Infrastruktur vor Ort, also insbesondere die Hausärzte, die ohnehin schon viele Patientinnen und Patienten zu versorgen haben, entlastet werden", betont Landrat Weckler. Erst im Anschluss sollen die Menschen an die Kommunen weiterverteilt werden.

„Seit vergangenem Herbst sind Landkreise, Städte und Gemeinden in ganz Deutschland überlastet und rufen um Hilfe. Leider vergeblich, denn spürbar ist nichts passiert, auch wenn die Bundesregierung zu Flüchtlingsgipfeln eingeladen hat", kritisiert Landrat Jan Weckler. „Im Sinne unseres Asylrechts braucht es eine spürbare Begrenzung und Steuerung der Migration, sonst steht der gesellschaftliche Konsens auf dem Spiel. Der aktuell ungebremste Flüchtlingszustrom bei gleichzeitig schwindender Akzeptanz der Bevölkerung ist ein Konjunkturprogramm für extreme Kräfte."

Rund 4.900 Geflüchtete im vergangenen Jahr

2022 wurden dem Wetteraukreis rund 4.900 Geflüchtete zugewiesen. Im Vergleich zur sogenannten „Flüchtlingskrise" im Jahr 2015 ist das fast eine Verdopplung: Damals wurden insgesamt 2.506 Personen aufgenommen. Im Vergleich zu 2021 haben sich die Zuweisungszahlen sogar verachtfacht. Vor diesem Hintergrund hat der Kreisausschuss bereits Mitte Oktober auch formal festgestellt, dass sich der Kreis in einer „Notsituation" befindet. Allein im ersten Halbjahr 2023 haben bereits mehr als 1.600 Geflüchtete den Wetteraukreis erreicht. Seit Anfang 2022 hat der Wetteraukreis über 1.100 zusätzliche Plätze für Geflüchtete geschaffen, weitere sollen im dritten und vierten Quartal 2023 sowie in 2024 hinzukommen. Insgesamt wird der Kreis dann bis zu 4.000 Menschen in etwa 120 Gemeinschaftsunterkünften betreuen.



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