Echte Kreislaufwirtschaft statt Designfehler

Von links: Landtagskandidat Wetterau Ost Marcus Stadler, Christopher Zahrt, Claus Kilian, Florian Pfeifer, Eva Reichert, Michael Rückl, EU-Abgeordnete Anna Cavazzini.

Politik
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Wie funktioniert Kreislaufwirtschaft vor Ort? Das war Thema des Besuchs der Vorsitzenden des EU-Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Anna Cavazzini, zusammen mit örtlichen GRÜNEN beim Abfallwirtschaftsbetrieb Wetterau (AWB). Stationen waren das Humus- und Erdenwerk in Ilbenstadt sowie die Elektroaltgeräte-Entsorgungswerkstatt (EEW) der Behindertenhilfe Wetteraukreis gGmbH (bhw) in Glauburg-Stockheim.

Die llbenstädter Anlage verarbeitet pro Jahr 35.000 t Bioabfall. Per Vergärung und Kompostierung werden sie zu Gas, Dünger und Kompost. Aus dem Gas wird Strom und Wärme erzeugt. Es kann von vollständiger Verwertung, also 100 % Kreislaufwirtschaft gesprochen werden. Dr. Jürgen Roth, Betriebsleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs und sein Kollege Christopher Zahrt berichteten von weiteren Plänen: „Wir brauchen die Wärme nur zur Hälfte. Deshalb sprechen wir mit der Stadt Niddatal, ob und wie der Wärmeüberschuss künftig für das Heizen von Gebäuden in Ilbenstadt verwendet werden kann.“ Gegenüber Anna Cavazzini äußerte Dr. Roth zwei Wünsche, die aus den praktischen Erfahrungen der Wetterauer Abfallwirtschaft resultieren. „Tüten aus Bioplastik sollten EU-rechtlich nur dann für die Kompostierung zulässig sein, wenn sie in den bestehenden Prozessen verarbeitet werden können. In Ilbenstadt geht das nicht. Der Bioabfall durchläuft die Anlage in vier bis fünf Wochen, die Tüte braucht aber zwölf Wochen zum Verrotten. Auch die Vergärung schafft deren Abbau nicht, ihre Temperatur ist dafür zu niedrig.“An der Führung nahm auch die GRÜNE Landtagskandidatin des Wahlkreises Wetterau Nord, Sabina Eberlein, teil.

In der Stockheimer Elektroaltgeräte-Entsorgungswerkstatt empfingen Claus Kilian, Gesamtleiter Arbeit, Werkstattleiter Florian Peifer und Geschäftsführerin Eva Reichert die GRÜNEN-Delegation, darunter nun auch der Landtagsdirektkandidat für die östliche Wetterau, Marcus Stadler. Die Werkstatt gibt es seit 1994, ihr Hauptauftraggeber ist der AWB. Bis zu 2.300 t Elektroschrott werden hier im Jahr angeliefert, vor allem von den Wetterauer Recyclinghöfen. Nach der Sichtung werden sie vor Ort fachgerecht demontiert, sodass die enthaltenen Wertstoffe recycelt und Gefahrenstoff sicher entsorgt werden können. Die Arbeit wird von Menschen mit geistigen Behinderungen erledigt, die von Fachkräften und Gruppenhelfern angeleitet und unterstützt werden. Der Betrieb ist der zweitgrößte dieser Art in der Sozialwirtschaft in Deutschland.

Neben den sozialintegrativen Aspekten drehte sich das Gespräch in Stockheim um Recycling und Kreislaufwirtschaft. Laut Studien werden in Deutschland nur 13 % der Primärrohstoffe wieder in den Produktkreislauf zurückgeführt. Es könnte mehr sein. „Und es ginge auch", sagt Claus Kilian, „aber unter den gegenwärtigen Bedingungen unterbleibt das aus Kostengründen."

Die Weichen hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft müssen daher auf politischer Ebene gestellt werden. Hier kommt die EU ins Spiel. Anna Cavazzini: „Mit der Ökodesign-Verordnung stellen wir Mindestanforderungen an Produkte in punkto Umwelt-, Klimaschutz und Ressourcenschutz. Wir wollen auch den digitalen Produktpass einführen. Er gibt nicht nur Verbraucherinnen und Verbrauchern Orientierung bei ihrer Kaufentscheidung. Auch Werkstätten – wie hier in Stockheim – wissen dann, welche Stoffe enthalten sind. Recycling wird damit einfacher. Zudem setzt sich das EU-Parlament für mehr Informationen zur Reparaturfähigkeit eines Produkts ein. Über die endgültigen Vorgaben verhandeln jetzt Parlament, Rat und Kommission. Ziel der GRÜNEN ist es, Nachhaltigkeit zur Norm auf dem Binnenmarkt zu machen. Wir wollen, dass Kreislaufwirtschaft Realität in der EU wird. Müll gäbe es dann nicht mehr – und wenn, wäre er ein Designfehler.“

Die Wetterauer GRÜNEN bedanken sich bei AWB und EEW für die Vorstellung der Arbeitsprozesse und die Möglichkeit zur ausführlichen Diskussion. Anna Cavazzini nimmt Anregungen aus den Gesprächen nach Brüssel mit: „Vor Ort, in der Praxis, zeigt sich, was geht und was nicht oder weniger gut geht. Politik hat das zu beachten. Deshalb sind solche Besuche wie in Ilbenstadt und Stockheim wertvoll.“

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Von links: Landtagskandidat Wetterau Ost Marcus Stadler, Christopher Zahrt, Claus Kilian, Florian Pfeifer, Eva Reichert, Michael Rückl, EU-Abgeordnete Anna Cavazzini.

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Von links: Landtagskandidatin Sabina Eberlein, Matthias Walther, EU-Abgeordnete Anna Cavazzini, Michael Rückl und Dr. Jürgen Roth.



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