Lisa Gnadl vor Ort zum Thema Starkregenereignisse in der Waldsiedlung

Foto: Lisa Gnadl

Politik
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Neben heißen Sommern und der in diesem Jahr sehr langanhaltenden Trockenheit bringt der Klimawandel auch, wie in den letzten Tagen zu sehen war, vermehrte Starkregenereignisse mit sich. Bis zu 50 Liter kamen dabei innerhalb von 24 Stunden vergangenen Donnerstag in der Waldsiedlung runter, wie der Ehrenvorsitzende des Naturschutzring Waldsiedlung e.V., Johann Wilhelm, aus seinen Aufzeichnungen schilderte. Schnell sind dann die Kanalsysteme überlastet und können Abwässer nicht mehr vollständig ableiten. Das Abwasser läuft so im Extremfall über, da auch das mittlerweile zu klein dimensionierte Regenüberlaufbauwerk diesen Massen nicht standhalten kann.

Dann flutet es Keller und hinterlässt dabei sichtbare Schäden an Gebäuden und der Natur. Bekannt ist das Problem schon länger, klärt der ehrenamtliche Naturschützer auf: „Deshalb hat man das 1974 erbaute Regenüberlaufbauwerk vor mehr als 10 Jahren mit Rechen ausgestattet, welche zumindest Feststoffe wie Damenhygieneartikel, Toilettenpapier und Feuchttücher aus dem Abwasser herausfiltern sollten.

Der Haken: Kommt es zu Starkregenereignissen von mehr als 15 Litern, so läuft dieses über, auch weil eine Drosselung des ableitenden Kanals, welche bei diesen Ereignissen vorgenommen wird, einen Rückstau in das Regenüberlaufbauwerk verursacht. Dann können die Rechen ihren Zweck nicht erfüllen und anfallende Feststoffe werden nicht mehr aus dem Schmutzwasser herausgefiltert. „Wichtig wäre auch, dass die Leute nicht einfach alles gedankenlos herunterspülen. Hygieneartikel, Feuchttücher und dergleichen gehören nicht ins Kanalsystem, sondern in den Restmüll!", appellierte Herr Wilhelm an die Vernunft. Letztendlich müsse das Regenüberlaufbauwerk auf den neuesten Stand der Technik gebracht und an die heutigen Bedingungen angepasst werden, unter Berücksichtigung der künftigen Bevölkerungs- und Klimaentwicklungen.
Die Waldsiedlung ist in den vergangenen Jahrzehnten stetig gewachsen, die Kapazität des Regenüberlaufbauwerks hat damit allerdings nicht ansatzweise Schritt gehalten. Auch die Pflege des alten Bauwerks ließe schwer zu wünschen übrig: „Es macht mich wütend, dass solche Vorrichtungen gebaut, aber dann kein Geld für deren Erhalt und die Pflege eingestellt wird. Das kann doch nicht sein!", so Johann Wilhelm über das Dilemma. Zwar sei der Vorraum des Bauwerks in diesem Jahr gereinigt und der Regenüberlaufgraben zuletzt freigeschnitten worden, dabei wurden Feststoffe und Verunreinigungen jedoch nicht vollständig entfernt: „Klopapierreste hängen noch deutlich sichtbar in den Bäumen. Das wird einfach nicht regelmäßig gemacht ", erläuterte Johann Wilhelm. Die lange Trockenheit verschärft das Problem zusätzlich, da die Kanäle nicht mehr richtig durchgespült werden. Landtagsabgeordnete Gnadl pflichtete ihm bei: „Nur, wenn die Vorrichtungen ordentlich gepflegt und hierfür Gelder bereitgestellt werden, können diese auch ihren Zweck erfüllen – alles andere ist nicht akzeptabel. Ich bin entsetzt über den Zustand hier".

Jan Voß, Fraktionsvorsitzender der SPD Altenstadt ergänzte: „Wir werden das Thema sowohl im Ausschuss, als auch dem Abwasserverband auf die Tagesordnung setzen und am Ball bleiben".

Im weiteren Verlauf des Grabens befinden sich mehrere Teiche im Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Wetterau". Diese durchziehen die Aue und leisten einen Beitrag zum Hochwasserschutz – zum Zeitpunkt der Besichtigung waren sie jedoch vollkommen verunreinigt und gar nicht in der Lage, weiteres Wasser aufzunehmen. Für Johann Wilhelm stellte dies eine ökologische Katastrophe dar: „Wir sind hier mitten im Landschaftsschutzgebiet. Viele haben ihr Herzblut hierfür eingesetzt und pflegen es ehrenamtlich. Zu sehen, dass die Teiche und Gräben vollständig mit Klärschlamm verschmutzt sind, bestürzt einen sehr." Am Anfang habe man diese regelmäßig gesäubert und ausgebaggert, erklärte er während der Begehung. „Das soll zeitnah geschehen, wurde mir im Ausschuss zugesagt", berichtete er weiter. Voß hatte in der Ausschusssitzung die Zuständigen dazu befragt. Eine Einigung konnte erzielt werden und am Donnerstag wurde begonnen, unter fachmännischer Begleitung auszubaggern. Im Schlamm leben Schlammpeitzger, deren Bestandsentwicklung stark rückläufig ist. Die zur Gattung der Schmerlen gehörenden Fische bedürfen einer behutsamen Vorgehensweise beim Aushub. Der Ehrenvorsitzende gab sich etwas erleichtert: „Ich bin froh, dass das jetzt angegangen wird." Für eine ordnungsgemäße Entsorgung solle ebenfalls gesorgt werden, Herr Wilhelm gab jedoch zu Bedenken: „die Verschmutzungen müssen zeitnah nach der Ausbaggerung entfernt werden, damit sie nicht durch den nächsten Regen weggespült werden". Außerdem sei auch ein besonderes Augenmerk auf die umgebenden, schützenswerten Wiesenknopf-Silgenwiesen zu legen.
Landtagsabgeordnete Gnadl war während der Besichtigung ebenfalls fassungslos über den vorgefundenen Zustand: „So wird man die durch die EU vorgegebenen Ziele der Wasserrahmenrichtlinie keinesfalls erreichen können". Bis 2027 sollen demnach alle Gewässer einen mindestens „guten ökologischen Zustand" aufweisen. Mit einer Gesamtbewertung von 5, also einem „schlechten ökologischen Zustand" auf dem untersten Ende der Skala ist der Gewässerabschnitt der unteren Nidder hiervon weit entfernt. Es sei gut, dass man nun zumindest die Teiche und Gräben ausbaggere. Klar sei aber auch: Eine Einleitung von Feststoffen in den Vorfluter aus dem Regenüberlaufbauwerk dürfe in keinem Fall erfolgen. Lediglich stark verdünntes Schmutzwasser könne in Ausnahmefällen, wie dies etwa bei Starkregen vorkommen kann, überhaupt in die Gewässer eingetragen werden. Eine weitere Verschlechterung des ökologischen Zustands muss vermieden und Feststoffe in keinem Fall eingetragen werden: „Wenn das passiert, dann stimmt etwas mit dem Regenüberlaufbauwerk nicht!", erklärte Herr Wilhelm.

„Wir müssen auch auf Landesebene alle Anstrengung unternehmen, die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie zu erreichen", so Landtagsabgeordnete Gnadl. Sie wünscht sich deutlich mehr Unterstützung des Landes für die Kommunen bei der Umsetzung der Richtlinie. Der Naturschutzring Waldsiedlung e.V. will sich weiter dafür einsetzen, dass schnellstmöglich auch für das Regenüberlaufbauwerk eine Lösung gefunden wird: „Wir geben nicht auf", gibt sich der Ehrenvorsitzende kämpferisch. Jan Voß und Lisa Gnadl wollen die Thematik in Altenstadt und auf Landesebene angehen und bedanken sich bei Herrn Wilhelm für die Informationen.



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