Neue „Kirche im Grünen“ öffnet ihre Türen

Hessen
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Nicht nur rechtzeitig zum Jubiläumsjahr, sondern auch pünktlich zu Beginn der Sommerferien ist das neue Zentrum der „Kirche unterwegs“ fertig geworden.

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Auf der Halbinsel Scheid am nordhessischen Edersee hat die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) ein neues Domizil für die Urlaubs- und Freizeitseelsorge, für Gottesdienste, Ferien- und Kulturprogramm geschaffen. Der Neubau hat die alte „Kirche im Grünen“ – eine Holzkirche in Zeltform aus dem Jahr 1971 – abgelöst. Die Bauarbeiten hatten im Frühjahr 2020 begonnen, nun stehen noch kleinere Restarbeiten an; derzeit wurden rund 2,6 Mio. Euro investiert.

Entstanden ist ein „prägnantes Gebäudeensemble, das sich sensibel in die Topografie der Landzunge einfügt und differenziert gestaltete Freiräume auf dem hängigen Gelände schafft“, erläutert Architekt Prof. Philipp Krebs (foundation 5+ architekten). Der Satteldachbau mit offener Dachkonstruktion bietet Raum für Gottesdienste und kann auch als Tagungs- und Veranstaltungsraum genutzt werden. So wie das alte, in den Sommerwochen zusätzlich zur Kirche genutzte Zirkuszelt seine Wände hochrollte, stehen auch beim neuen Gottesdienstraum im Wortsinn die Türen offen: Die Seitenwände können geöffnet werden. Ein zweites Gebäude beherbergt Apartments für Mitarbeitende und Gäste sowie die „Cafédrale“ als zentralen Begegnungsort. Beide Gebäudeteile werden über ein offenes Vordach verbunden.

Anfänge liegen in den 1970er-Jahren – An Gebäuden nagte Zahn der Zeit 
Die Geschichte der „Kirche unterwegs“ reicht in die 1970er-Jahre zurück: Seit nunmehr 50 Jahren hält die EKKW mit „Kirche unterwegs“ einen kirchlichen Dienst für und mit Urlaubern in der Edersee-Region, am Diemelsee und am Bärensee nahe Hanau vor. Am Hauptstandort Scheid finden auch Seminare für die ehrenamtlich Mitarbeitenden statt. Pro Jahr engagieren sich etwa 70 bis 80 Freiwillige aus dem In- und Ausland in den verschiedenen Einsatzteams. Sowohl die Mitarbeitenden auf Scheid als auch die des „Mobilteams“, das an weiteren Orten in der Edersee-Region eingesetzt ist, wohnen während ihrer Einsatzzeit auf Scheid. Bis 2019 waren sie in einer Holzbaracke und in sechs Wohnwagen untergebracht. Die Unterbringungsbedingungen waren jedoch über die Jahre marode geworden, ebenso wie das schlichte Kirchengebäude. „Vor diesem Hintergrund hat die EKKW das Angebot der Stadt Waldeck dankbar angenommen, das bisherige Grundstück von ‚Kirche unterwegs‘, das mitten im Ferienhausgebiet lag, zu tauschen gegen ein Grundstück unmittelbar an der von Tagestouristen genutzten Liegewiese am Edersee“, erläutert Timo Koch, Dezernent für Bau und Liegenschaften der EKKW. Es ermögliche einen freien Blick über den Edersee bis hin zum Schloss Waldeck samt Fährverbindung zum Ferienort Rehbach auf der gegenüberliegenden Seite des Sees.

Verändertes Freizeitverhalten führt zu ganzjähriger kirchlicher Arbeit
Die Frühjahrssynode 2016 der EKKW hatte sich mit großer Mehrheit für den Bau eines Zentrums für „Kirche unterwegs“ auf dem neuen Grundstück ausgesprochen. Damit reagiert die EKKW auch auf ein sich wandelndes Freizeitverhalten: mehr Kurzurlaube, mehr Dauerresident*innen, mehr Tagestourismus. „Die ursprüngliche ‘Campingkirchenarbeit‘ in den Sommermonaten hat sich mehr und mehr hin zu einer ganzjährigen kirchlichen Arbeit mit Menschen im Freizeitbereich verändert“, berichtet Peter Dietrich, seit 25 Jahren Leiter der „Kirche unterwegs“. In den Sommerferien nahmen zuletzt bis zu 140 Kinder am Kinderprogramm teil. Das spezielle Familienprogramm des „Mobilteams“ rund um den Edersee erreicht darüber hinaus rund 670 Personen. Zum festen Programm gehört zudem ein kirchlich-kulturelles Angebot am Freitagabend. Durchschnittlich 160 Personen besuchen die zwölf Veranstaltungen im Jahr. Stetig gestiegen ist auch die Zahl der Gottesdienstbesucher*innen. Zudem ist die „Kirche im Grünen“ auch zu einem beliebten Ort für Taufen und Trauungen geworden. Zugenommen habe ferner die Zahl der seelsorgerlichen Gespräche, so Dietrich.

Niedrigschwelliger Zugang für kirchenferne Menschen
Die inzwischen nahezu ganzjährig auf Scheid gefeierten Gottesdienste haben zu keinem Rückgang der Gottesdienstbesucherzahlen in den umliegenden Kirchengemeinden geführt, erläutert Pfarrer Reinhard Brand, Leiter des Referats für Gemeindeentwicklung und Mission. Für etwa ein Drittel der Menschen sei die „Kirche unterwegs“ einziger kirchlicher Kontakt. Das Angebot sei einerseits kirchliche Zuwendung zu Menschen im Freizeitbereich, andererseits eine besondere Form von gelebtem Glauben und Gemeindeleben jenseits der klassischen Parochie, sagt Brand. „Kirche unterwegs“ ermögliche kirchenfernen Menschen einen niedrigschwelligen Zugang zu Themen des Glaubens und zur Kirche. „In Gottesdiensten, in der Arbeit mit Kindern und in der gastfreundlichen Offenheit bietet sie für Menschen, die wenig oder keine parochiale Gemeindeanbindung haben, geistliche Heimat im Glauben und ermöglicht ihnen Gemeindeerfahrung auf Zeit“, resümiert Brand.

Das neue Zentrum biete nicht nur gute Bedingungen, die bisherige Arbeit von „Kirche unterwegs“ weiterzuführen, es ermögliche auch, auf weitere Menschen zuzugehen, sagt Brand. Tagestouristen, die im Sommer die unmittelbar vor dem neuen Standort gelegene Liegewiese am See nutzten, würden auf „Kirche unterwegs“ aufmerksam; Urlauber von den Touristenorten auf der anderen Seeseite könnten mit der Fähre bequem zur Liegewiese und zu „Kirche unterwegs“ kommen. Alle Projektbeteiligten sind sich einig: „Kirche unterwegs“ ist eine Leuchtturmprojekt, das weit über die Grenzen der Landeskirche hinaus strahlt.“

Hinweis: Am 29. August wird es einen Gottesdienst mit Bischöfin Dr. Beate Hofmann geben, zu dem zahlreiche Gäste – Touristen, Dauercamper, Residenten auf Scheid und Menschen aus den Dörfern der Edersee-Region – erwartet werden. Weitere Informationen zur „Kirche unterwegs“ und Kontaktmöglichkeiten gibt es unter www.kunterwegs.de

Bildhinweis: medio.tv/socher



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