VGH Kassel stoppt Bau der Zuwegung für den Windpark Reinhardswald

Hessen
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Bereits am 10.02.2023 hatte der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Kassel auf Antrag eines anderen anerkannten Umweltverbandes mitgeteilt, dass die geplanten Rodungsarbeiten für den Bau der Zuwegung vorerst nicht stattfinden dürfen.

Am 13.02.2023 hat nun der VGH Kassel aufgrund eines Eilantrages der Naturschutzinitiative e.V. (NI) entschieden, dass die aufschiebende Wirkung der Klage wiederhergestellt wird. Die Windpark Reinhardswald GmbH kann nach diesen beiden Entscheidungen nicht wie angekündigt mit der Rodung der Bäume für die Zuwegung und deren Bau beginnen. Mittlerweile liegt der Naturschutzinitiative (NI) die Begründung für den Gerichtsbeschluss vor.

Der 9. Senat des VGH ist aufgrund einer summarischen Prüfung nicht zu der Überzeugung gelangt, "dass die (...) erteilte forstrechtliche Genehmigung (...) zur Neuanlage oder zum Ausbau der Zuwegung für den Windpark Reinhardswald aller Voraussicht nach einer gerichtlichen Kontrolle im Hauptsacheverfahren Stand halten wird." 

Zweifelhaft sei, ob die vom RP Kassel "ohne eingehende Abwägung zugrunde gelegte Trassenführung zur Erschließung" für einige der Windenergieanlagen dem forstrechtlichen Erhaltungsgebot gerecht werde. Dieses im Bundeswaldgesetz verankerte Erhaltungsgebot räume dem Interesse der Allgemeinheit am Walderhalt als einem gewichtigen öffentlichen Belang grundsätzlich den Vorrang ein. Private Belange wie die des Waldbesitzers müssten in der Regel dahinter zurückstehen. Auf dem Vorrang des Walderhalts gründe sich auch das forstrechtliche Prinzip, dass Eingriffe in den Wald auf das notwendige Maß beschränkt bleiben müssen, führt das Obergericht aus. Der Senat habe "aufgrund der Antragsunterlagen (...) und des Genehmigungsvorgangs" jedenfalls in Bezug auf Teile der vom RP Kassel genehmigten Trassenführung nicht die Überzeugung gewinnen können, dass sich die Waldumwandlung auf das zur Erschließung der Windenergieanlagen unbedingt erforderliche Maß beschränkt.

Baugenehmigung für die Zuwegung fehlt

Auch sei die erforderliche Eilbedürftigkeit der Vollziehung der erteilten forstrechtlichen Rodungsgenehmigung und der naturschutzrechtlichen Eingriffszulassung deswegen nicht gegeben, weil eine für den Bau der Zuwegung zum Windpark Reinhardswald nach der Hessischen Bauordnung erforderliche Baugenehmigung nicht vorliege. Die im Reinhardswald vorhandenen Forstwege sollen dazu über mehrere Kilometer aus- oder neugebaut werden, um den erforderlichen Schwerlastverkehr tragen zu können. In seiner Presseerklärung zu der Entscheidung vom 10.02.2023 fasst der VGH Kassel seine umfangreichen Ausführungen zur Notwendigkeit einer Baugenehmigung für eine solche Zuwegung zusammen:

"Ein schwerlastverkehrsfähiger Forstweg sei kein privater Weg auf Baugrundstücken und aufgrund seines hohen Ausbaugrades auch nicht mit üblichen forstbetrieblich genutzten Waldwegen vergleichbar." Diese Begründung sei völlig nachvollziehbar, so NI Landesvorsitzender Harry Neumann. Nachdem schon der Schutz der Haselmaus im Verfahren der Genehmigungserteilung für die geplanten 18 Windenergieanlagen nicht die naturschutzrechtlich gebotene ausreichende Berücksichtigung gefunden hatte, erweise sich ein weiteres Mal, dass das notwendige Genehmigungsrecht nicht fehlerfrei angewandt wurde.

Skandalöse Aussage des Kreises Kassel

Geradezu skandalös seien laut NI die Aussagen des Kreises Kassel als für die Zuwegung zuständige Genehmigungsbehörde, dass mit dem Urteil die bisher in Hessen geübte Praxis „konterkariert“ würde und lt. Hessenschau vom 13.02.2023 „Ohne Zögern“ die Baugenehmigung erteilt würde, „da wir den Ausbau von erneuerbaren Energien unterstützen." Recht und Gesetz würden bei der Kreisverwaltung Kassel offenbar nicht mehr geprüft und der hauseigenen Gesinnung geopfert. Auf die Idee, dass die „bisher in Hessen geübte Praxis“ jedoch rechtswidrig sein könnte, komme weder der Kreis noch die „Windpark Reinhardswald GmbH“ als Vorhabenträger.

Klima, Biodiversität, Wälder und Landschaft schützen

"Wir werden daher weiterhin überall dort, wo es geboten ist, den Finger in diese Wunde legen. Der Bau von 18 Windindustrieanlagen im Reinhardswald schadet dem Klimaschutz, dem Schutz des Waldes, der Landschaft und dem Schutz der Biodiversität. Aus Natur- und Klimaschutzgründen wollen wir daher die Industrialisierung von Deutschlands Märchenwald verhindern. Für den Aus- und Neubau der Forstwege soll eine 4,50 Meter breite Fahrbahn mit einer Mächtigkeit von mindestens 60 Zentimetern gebaut und eine Waldfläche von fast 5 Hektar mit bis zu 195 Jahre alten Buchen gerodet werden. Mit Klimaschutz hat das nichts zu tun", erklärte Harry Neumann.



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