„Weiter konsequent im Kampf gegen Kinderschänder“

Hessen
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Seit dem 1. Oktober 2020 bündelt und intensiviert die BAO FOKUS (Fallübergreifende Organisationsstruktur gegen Kinderpornografie Und Sexuellen Missbrauch von Kindern) die polizeilichen Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie in Hessen.

In den vergangenen zwölf Monaten wurden in dieser Zeit hessenweit 2.947 Durchsuchungen durchgeführt, 41 Haftbefehle vollstreckt und 46.304 Datenträger (PCs und Notebooks, externe Speichergeräte, Spielekonsolen, CDs/DVDs und mobile Endgeräte) sichergestellt. Zudem erfolgten bei 1.111 Beschuldigten erkennungsdienstliche Maßnahmen und 832 Beschuldigte wurden unmittelbar nach der Durchsuchung vernommen. Den Beschuldigten werden insbesondere sexueller Missbrauch von Kindern oder Erwerb und Besitz von Kinder- und Jugendpornografie vorgeworfen.

„Die hessische Polizei geht mit der BAO FOKUS seit zwei Jahren zielgerichtet und unter Ausschöpfung aller taktischen und rechtlichen Mittel gegen Sexualstraftäter und den Besitz von Kinderpornografie vor. Wer Kinder sexuell missbraucht, muss mit der gesamten Macht des Staates kompromisslos verfolgt werden. Wir haben deshalb mit der BAO FOKUS in der hessischen Polizei eine spezialisierte Einheit mit mehr als 300 Mitarbeitenden gebildet, die sich in ganz Hessen konzentriert der Verfolgung von Kinderschändern widmet und zudem die weltweiten Fahndungen gegen Kinderpornografie unterstützt. Mit den Maßnahmen der BAO FOKUS unterstreicht die hessische Polizei, dass der Kampf gegen Kindesmissbrauch höchste Priorität hat“, so Innenminister Peter Beuth (CDU).

Bundesweite Verdopplung der Fallzahlen

In den letzten Jahren sind weltweit und auch in Deutschland schockierende Verbrechen im Bereich Kinderpornografie und dem sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen aufgedeckt worden. Laut Bundeskriminalamt wurden im vergangenen Jahr in mehr als 39.000 Fällen von Kinderpornografie Anzeige erstattet. Im Vorjahr waren es bundesweit rund 18.800 Anzeigen. Auch die Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch stiegen um 6,3 Prozent auf mehr als 15.500 registrierte Straftaten an. Die Sicherheitsbehörden gehen allerdings von einem vielfach höheren Dunkelfeld aus. In vielen Fällen erhalten die hessischen Ermittlungsbehörden Hinweise von Internetdienstleistern oder der US-amerikanischen Organisation „National Center for missing and exploited children“, die von Internetprovidern über Missbräuche im Zusammenhang mit Kinderpornografie informiert wird. Alleine im vergangenen Jahr wurden hessenweit im Durchschnitt an jedem Tag mehr als vier Beschlussvollstreckungen durchgeführt, um Sexualstraftätern habhaft zu werden. Dabei gehen die Ermittlerinnen und Ermittler besonders akribisch jeder Verdachtsmeldung nach.

EuGH-Urteil: Urteil eröffnet Ermittlungsbehörden Möglichkeiten

Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wurde in der vergangenen Woche Rechtssicherheit geschaffen, in dem klar festgelegte rechtsstaatliche Grenzen bei der Verfolgung und Bekämpfung von Terrorismus und anderen schweren Straftaten für die Ermittlungsbehörden eingeräumt wurden. Das gilt insbesondere für die Bekämpfung von Kindesmissbrauch sowie Kinderpornografie im Netz. Mit Hilfe der IP-Adresse kann, anders als z.B. mit Hilfe von GPS-Daten, nicht der Aufenthaltsort oder das Bewegungsprofil einer Person festgestellt werden, sondern lediglich herausgefunden werden, welcher Internetzugangs-Dienstanbieter von einem potenziellen Täter bei der Tatbegehung verwendet wurde. Für die Ermittler ist die IP-Adresse verbunden mit dem Zeitpunkt der Tat oft der einzige Ermittlungsansatz, um Tätern im Bereich des Kindesmissbrauchs und der Kinderpornographie habhaft zu werden.

„Die Regelungsmöglichkeiten aus dem Urteil des EuGH lassen es endlich zu, dass solche widerlichen Taten wesentlich besser verfolgt werden können. Aus dieser Rechtsprechung sollten nunmehr praxistaugliche Schritte abgeleitet werden. Oberste Priorität muss die bestmögliche Bekämpfung von Verbrechen gegen die verwundbarste Bevölkerungsgruppe, Kinder und Jugendliche, haben. Wer Kindesmissbrauch stoppen will, muss die untauglichen Ideen zu ‚Quick-Freeze‘ endlich einfrieren und den Ermittlern endlich den Zugriff auf IP-Adressen zur Verfolgung schwerster Straften ermöglichen“, erklärte Staatsminister Peter Beuth.

BAO FOKUS: Zahlreiche Großverfahren im Kampf gegen Kindesmissbrauch

Durch die Bündelung der Ermittlungsarbeit innerhalb dieser seit zwei Jahren erfolgreichen Besonderen Aufbauorganisation (BAO) FOKUS konnten bereits zahlreiche Erfolge der hessischen Polizei erzielt werden. So begann beispielsweise erst im September 2022 die Gerichtsverhandlung gegen einen 47-jährigen Beschuldigten, dem zur Last gelegt wurde, zwischen 2003 und 2021 insgesamt drei Kinder mehrfach und zum Teil über Jahre schwer sexuell missbraucht zu haben. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren und neun Monaten verurteilt.

Die Ermittlerinnen und Ermittler der BAO FOKUS gingen zudem erst in der vergangenen Woche gegen Tatverdächtige vor. Dabei wurden hessenweit 59 Objekte durchsucht. Den 63 Beschuldigten im Alter von bis zu 78 Jahren wird sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen oder Erwerb, Besitz und Verbreitung von Darstellungen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger zur Last gelegt. 17 Beschuldigte mussten die Polizei im Anschluss an die Durchsuchung zwecks Vernehmung auf die nächstgelegene Dienststelle begleiten. Es wurden insgesamt 75 Smartphones, 40 Computer und Laptops, 48 USB-Sticks, 14 CDs und DVDs sowie 80 weitere deliktsspezifische Gegenstände sichergestellt. Koordiniert wurde der Einsatz vom Hessischen Landeskriminalamt.

Ebenfalls intensiv ermittelte die BAO FOKUS im Fall eines 32-Jährigen, der seine Tochter über viele Jahre hinweg schwer sexuell missbraucht hatte. Im Mai dieses Jahres wurde der Mann zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Das Mädchen war im Tatzeitraum zwischen drei und acht Jahre alt, der Mann hatte 54 der 60 teilweise schweren Übergriffe an seiner Tochter gefilmt.

Weiterhin ermittelten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der BAO FOKUS gegen 35 Männer (Einzelverfahren), die verdächtig sind, Inhalte im Internet abgerufen zu haben, die zum größten Teil schwerste sexuelle Missbrauchshandlungen an Säuglingen und Kleinkindern zeigten. Den Maßnahmen waren internationale Ermittlungen vorangegangen, die auf einem Hinweis aus dem Ausland beruhten.

Im Juli 2021 wurde ein sogenannter mutmaßlicher Cybergroomer festgenommen. Der 47-jährige Mann aus Hessen steht im Verdacht, via Instagram-Messenger Kontakt zu einer 13-Jährigen aufgenommen und sich sexuell an ihr vergangen sowie zu weiteren Kindern Kontakt gesucht zu haben. Bereits im Oktober 2020 konnte ein Sexualstraftäter aus Hessen, dem sexueller Missbrauch an Kindern in 122 Fällen zur Last gelegt wird, in Frankreich festgenommen werden.

„Sexuelle Gewalt wirkt nach und kann insbesondere bei Kindern und Jugendlichen langfristige psychische und physische Verletzungen zur Folge haben. Umso wichtiger ist es, Kinder und Jugendliche zu schützen sowie Täter mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu bekämpfen. Diese Aufgabe übernehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit nunmehr zwei Jahren gebündelt in der BAO FOKUS. Die engagierte Arbeit, die sie leisten, ist nicht genug zu würdigen. Die Ermittlerinnen und Ermittler sind aber auch weiterhin auf die Unterstützung aus der Bevölkerung angewiesen: Sehen Sie hin, helfen Sie Opfern und alarmieren Sie im Zweifelsfall oder in der Not die Polizei“, sagt Andreas Röhrig, Präsident des Hessischen Landeskriminalamtes.

Beratungs- und Hilfehotline der Polizei Hessen

Aufgrund der signifikanten Fallsteigerung gerade bei jungen Menschen haben das Hessische Innenministerium und die hessische Polizei eine hessenweite Beratungs- und Hilfehotline zur Prävention und Aufklärung über die Verbreitung von Kinder- und Jugendpornografie eingerichtet. Seit Anfang diesen Jahres können sich hilfesuchende Eltern und junge Menschen vertrauensvoll unter der Rufnummer 0800 - 55 222 00 an die Präventionsexperten der hessischen Polizei wenden. Hintergrund ist vor allem, dass immer häufiger – meist unbedarft – einschlägige Bilder und Videos von Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden über soziale Netzwerke sowie Messenger-Dienste verbreitet werden.

Landesregierung investiert vier Millionen Euro für neue Forensikplattform

Das Hessische Landeskriminalamt und der INNOVATION HUB 110 des Hessischen Präsidiums für Technik entwickeln zurzeit gemeinsam eine Forensikplattform, um die Bekämpfung von Kindesmissbrauch weiter zu verbessern. Vier Millionen Euro stehen für diese moderne IT-Infrastruktur bereit und sind im Haushalt der Hessischen Landesregierung fest hinterlegt. Daten können so deutlich schneller und zielgerichteter ausgewertet werden - dies ermöglicht Täternetzwerke zu enttarnen und Täter schneller festzunehmen, um Missbrauch von Kindern wirkungsvoll zu verhindern. Durch die weltweite Verbreitung und Verfügbarkeit von kinderpornografischen Darstellungen im Internet stellt allein die Anzahl an Datenträgern bzw. Flut an Datenmaterial, die bei jeder Durchsuchungsmaßnahme sichergestellt und ausgewertet werden müssen, die Ermittler permanent vor große Herausforderungen.

„Was sich unsere Ermittlerinnen und Ermittler ansehen müssen ist zutiefst verstörend. Ich bin den Kolleginnen und Kollegen unserer BAO FOKUS überaus dankbar, dass sie diese wichtige Arbeit im Kampf gegen Kindesmissbrauch leisten. Zugleich setzen wir auf innovative Technik, um aus der Datenflut schnellstmöglich die für den Ermittlungserfolg entscheidenden Informationen herauszufinden und insbesondere noch laufenden Realmissbrauch zu unterbinden. Hessen hat den Verfolgungsdruck intensiviert und investiert gezielt in innovative technische Lösungen, wie den Aufbau einer modernen Forensikplattform. Wir setzen alles daran, sexuellen Missbrauch und weitere schreckliche Verbrechen gegen Kinder zu verhindern“, so Hessens Innenminister Peter Beuth.

Hinweis: Lange Verjährungsfristen bei sexuellem Kindesmissbrauch

Die strafrechtlichen Verjährungsfristen bei sexuellem Kindesmissbrauch ruhen bis zum vollendeten 30. Lebensjahr des Opfers. Die Verjährungsfristen für sexuellen Kindesmissbrauch betragen dann, je nach Schwere der Tat, zwischen fünf und 20 Jahren. Opfer können also auch noch im Erwachsenenalter Taten aus der Kindheit zur Anzeige bringen. Die hessische Polizei ruft dazu auf, solche Taten anzuzeigen, damit Täter bestraft und so womöglich weitere Straftaten an Schutzbefohlenen verhindert werden können. Die hessische Polizei arbeitet im Bereich des Opferschutzes eng mit verschiedenen Hilfseinrichtungen zusammen, sodass Opfern und deren Angehörigen schnell Hilfe und Beratung zuteilwird.



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