Die Gemeinde Rockenberg schlägt die Hände über dem Kopf zusammen: „Es wäre ein echter Tiefschlag für alle Bürgerinnen und Bürger", gibt Rockenbergs Bürgermeisterin Olga Schneider mit Sorgenfalten auf der Stirn zu. Die Rede ist von einer geplanten großen Stromtrasse, das Projekt „Rhein-Main-Link". Der Supergau: Die Stromtrasse würde unsere beiden Gemeinde-Teile Rockenberg und Oppershofen regelrecht durchschneiden. Und das gerade jetzt, wo zwischen den beiden Ortsteilen derzeit eine „neue Mitte", der „Burgweg", entsteht.
Der Burgweg ist mit einem Gemeinbedarfsgebiet u. a. der gemeinsamen Feuerwehr beider Ortsteile, Ersatzbau der Sandrosenschule (Grundschule), das Ärztehaus, Apotheke, Senioren- und Betreutes Wohnen sowie ein Nahversorger in der aktiven Entwicklung. Auf der gegenüberliegenden Seite des Burgweges entsteht das Gewerbegebiet „Rockenberg Süd". Entlang dieser beiden Gebiete ist die Trasse geplant. Bedeutet: Weder in die eine noch in die andere Richtung ist dann eine Entwicklung möglich. Diese mögliche Stromtrasse beruht auf dem sogenannten Bundesbedarfsplangesetz. Kurz gesagt: ein „hoheitlicher Auftrag" der Bundesregierung. Hier kommen die Hintergrundinfos:
Darum geht's im Kern: Deutschland will bis 2045 klimaneutral werden und den Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung massiv ausbauen. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, braucht es neue Leitungen, die den grünen Strom transportieren. Auf Basis des Bundesbedarfsplangesetzes führt diese mehr als 600 Kilometer lange Leitung vom Norden in den Süden Deutschlands. Geplante Inbetriebnahme ist für das Jahr 2033 geplant. „Es gibt eine Art 150 Meter breiten Korridor, in der die Leitungen verlegt werden sollen. In diesem Korridor haben die Verantwortlichen „Freiraum" für das Verlegen. Die eigentlichen Leitungen sollen am Ende eine Breite von rund 40 Metern haben. Auf dem Trassenverlauf selbst darf im Nachhinein nichts mehr gebaut oder tiefwurzlig angepflanzt werden. Ein leerer Raum", erklärt die Bürgermeisterin. Um zu verdeutlichen: Der Bauabschnitt zwischen beiden Ortsteilen ist insgesamt nur ca. 100 - 120 Meter breit.
Das Problem: Eine Stromleitung durch ganz Deutschland und ausgerechnet durch unsere kleine Gemeinde soll sie verlaufen?! Für viele schwer vorstellbar, aber genau so ist es geplant! Die Stromtrasse soll von Münzenberg kommend quasi direkt durch die „neue Mitte" unserer Gemeinde verlaufen. Von dort aus Richtung Wetter, zum Gewerbegebiet „Sandberg" und dann weiter zu unseren Aussiedlerhöfen im Lattwiesenweg. „Man muss sich das vorstellen: Seit der Gebietsreform in den 70er Jahren arbeiten unsere Gemeinde-Teile Rockenberg und Oppershofen daran, sich weiterzuentwickeln und zusammenzuwachsen. Mit der Stromtrasse direkt durch das neue Herz der Gemeinde, den „Burgweg" und das neue Gewerbegebiet „Rockenberg Süd", würden diese Entwicklungen radikal zerstört werden", erklärt Bürgermeisterin Olga Schneider.
Damit nicht genug! Eine Stromtrasse, die zwischen Rockenberg und Oppershofen entlangläuft, würde viele weitere Probleme mit sich bringen. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Ein Thema ist die „Wohnbauentwicklung" beider Ortsteile. Olga Schneider: „Wir sind in unseren Entwicklungsmöglichkeiten stark begrenzt: In Rockenberg und Oppershofen gibt es das Naturschutzgebiet „Breitwiese" und in Rockenberg noch das Naturschutzgebiet „Klosterwiesen", hinzu kommen im Norden die Hochspannungsleitungen, im Osten laufen diese sogar durch beide Ortsteile. In Oppershofen gibt es den Streuobstwiesengürtel und das Naturschutzgebiet „Wingertsberg". Vereinfacht gesagt: Beide Gemeindeteile würden künftig im möglichen Wachstum stark eingeschränkt." Eine weitere Problemzone sind die geschichtlichen Aspekte. „Wir erinnern uns: Vor kurzem gab es in unserer Gemeinde einen archäologischen Mega-Fund! Rund 400 Brandgräber und ca. 70 Körper-/Erdbestattungen wurden ausgegraben. Eine Sensation für die Fachwelt – genau im geplanten Trassen-Verlauf. „Soll das jetzt alles nichtig sein?", fügt die Bürgermeisterin fragend an und ergänzt: „Von weiteren Umwelt-Punkten wie dem Artenschutz oder dem Beschädigen unserer wertvollen Böden hin zum Bau-Faktor und dem Beschädigen der zum Teil frisch fertiggestellten befestigten und unbefestigten Wege ganz zu schweigen."
„Die Wetterau und gerade unsere Gemeinde verfügt teilweise mit über die wertvollsten Böden in Deutschland", so Schneider. „Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe hat bei ihrer Bodenschätzung 100 Bodenpunkte (höchste Punktzahl) an die Magdeburger Börde vergeben, unsere Gemarkung folgt hier in Teilen der Gebiete direkt mit 95 Bodenpunkten! Sie sehen also, dass neben der Einschränkung unserer weiteren Entwicklung auch noch sehr wertvolle Böden zerstört werden."
Alternativen sind gefordert! „Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass wir uns bewusst sind, dass es gute Gründe für den Bau dieser Stromtrasse gibt. Es ist jedoch einfach so, dass die Art und Weise des Vorhabens, direkt durch unser neues Herzstück, die „neue Mitte", für unsere Gemeinde und die weitere Entwicklung eine Katastrophe ist – es muss eine Alternative her! Ob wir am Ende eine Trasse durch unsere Gemeinde verhindern können, wird sich zeigen. Wir werden aber alles in unserer Macht stehende tun, um gemeinsam mit allen Verantwortlichen nach Alternativen zu suchen - so haben wir jetzt bereits Amprion angeschrieben, Gespräche geführt und auch Alternativen aufgezeigt. Leider gab es hier von Seiten des Unternehmens noch keine Rückmeldung an uns. Aber wir bleiben weiter dran und haben uns im nächsten Schritt an die Politiker des Landes gewendet, um auf unsere Notlage aufmerksam zu machen und von dort Unterstützung zu erhalten.
„Supergau Stromtrasse" - ein Projekt, das die Gemeinde Rockenberg vor große Herausforderungen stellen könnte.
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